Sweet in Neuleiningen. (foto: fiege)

Live: Sweet in Neuleiningen

Die Burgsommer-Saison ist Geschichte. Das letzte Kapitel schrieben am Freitagabend The Sweet, nach Suzi Quatro der zweite große Siebziger-Act in Neuleiningen in diesem Jahr. Sweet konnten dabei aber deutlich mehr Publikum in die Burgruine  locken.

Es ist die Frisur von Andy Scott, die bei The Sweet den größten Wiedererkennungswert hat. Diese langen, schlohweißen Haare. Gesprächsstoff. „Sind die echt?“. Eine Frage, die man an diesem Freitagabend in Neuleiningen ein ums andere Mal im Publikum hörte. Auf die man aber immer wieder verschiedene Antworten hörte. Scott, Gitarrist, einziges verbliebenes Original-Mitglied der britischen Glam-Rocker und derjenige, der es ja eigentlich wissen muss, behauptet zumindest, dass die Mähne tatsächlich echt sei. 

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Scott ist eines dieser unkaputtbaren, unermüdlichen Rock’n’Roll-Schlachtrösser, die einfach nicht genug von der Musik und dem ewigen Touren bekommen. Da fällt er in eine Kategorie mit Kollegen wie Mick Jagger oder Ozzy Osbourne. Scott ist bei The Sweet (1968 gegründet) sozusagen der Last Man Standing, das letzte noch lebende Gründungsmitglied. Und dass er mit seinen 73 Jahren immer noch auf der Bühne steht, ist beileibe auch keine Selbstverständlichkeit Zweimal kämpfte Scott bereits gegen den Krebs. Ende der Nuller Jahre wurde bei dem Nord-Waliser Prostatakrebs diagnostiziert, ein Zufallsbefund. Der Tumor wurde früh entdeckt, hatte noch nicht gestreut, ließ sich auch behandeln. Wenige Jahre später kehrte die Krankheit aber wieder zurück, Scott musste sich erneut einer Bestrahlung unterziehen. Wieder erfolgreich. Später kam noch Arthritis im Daumen hinzu, blöd für einen Gitarristen, und zuletzt hatte er auch noch mit schweren Rückenproblemen zu kämpfen, wie er im Interview verriet. Es sei dem Mann also von Herzen gegönnt, dass er auch im fortgeschrittenen Alter noch Spaß an seinem Tun und dem Touren hat. Sicher, der Umstand, dass außer ihm kein Original-Sweet-Mitglied mehr dabei ist, lässt die Kapelle heute sozusagen zu ihrer eigenen Tribute-Band werden, aber: zu was für einer. Da ist noch mächtig Kraft drin.

Manzi überzeugt  am Mikro

Das liegt natürlich auch an dem neuen Sänger Paul Manzi, der 2019 in Vollzeit auf Pete Lincoln folgte. Lincoln, früher unter anderem bei Arena und Cats in Space aktiv, bringt nicht nur Charisma mit, sondern auch eine herausragende Stimme. „Er ist  gerade der beste  Rocksänger im Vereinigten Königreich“, lobte ihn Andy Scott denn auch auf der Bühne vor versammeltem Publikum. Der Mann mag zwar ein bisschen voreingenommen sein, aber: Den Schulterklopfer hat der aus Nord-London stammende Manzi auf jeden Fall verdient. Das konnte sich schon hören lassen.

Manzi  war es also, der den großen Sweet-Hits auf der Bühne in Neuleiningen neues Leben einhauchte. Und natürlich waren sie (fast) alle mit dabei. „Teenage Rampage“, „Fox on the Run“, „Little Willy“, „Wig Wam Bam“, „Love Is Like Oxygen“, „The Six Teens“. Ein nostalgischer Trip in die Siebziger Jahre, ein Ritt durch den Song-Katalog, der den Status der Glam-Rock-Legenden einerseits untermauerte, aber natürlich auch ein bisschen offen legte, warum The Sweet ab Ende der Siebziger Jahre an Relevanz verloren. Anders als Glam-Kollegen wie David Bowie blieb die Gruppe irgendwie in dem Jahrzehnt verhaftet, den Sound der Siebziger hat die Band niemals abgelegt. Dass sich die Band Anfang der 1980er das erste Mal auflöste: kein Zufall. Seither gab es mehrere Reunions, auch diverse Sweet-Variationen, Andy Scotts  ist darunter der Dauerbrenner.

Nostalgie-Trip in  die Siebziger Jahre

Dem Publikum war’s an diesem Abend egal. Es ließ sich gern auf die Zeitreise mitnehmen. Am Ende, klar:  „Ballroom Blitz“, ein Song, der auch mehr als 40 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner Schlagkraft eingebüßt hat. Inspiriert wurde die Nummer von einem Vorfall, der sich im Januar 1973 abgespielt hat. Damals sei die Menge bei einem Sweet-Konzert im schottischen Kilmarnock ausgerastet. Sweet wurden von wütenden Fans von der Bühne vertrieben, Flaschen flogen. Die Band war den Schotten zu „glam“, zu geschminkt, zu extravagant. Ein traumatisches Erlebnis, das Nicky Chinn und Mike Chapman, damals die Songwriter der Gruppe, in „Ballroom Blitz“ verewigten. Ein Vorfall, der vielleicht auch erklärt, warum Andy Scott, als  er vor Beginn des Burgsommer-Auftritts mit seinen Bandkollegen durch die Menge zur Bühne geführt wurde, ein bisschen unentspannt wirkte.

Doch Scott konnte eigentlich ganz beruhigt sein: Es flogen diesmal weder Flaschen noch Schorlegläser. Stattdessen: überall zufriedene Gesichter in der Burgruine. Und das Versprechen von Sänger Paul Manzi: „Wir kommen zurück.“

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