Russ Ballard (foto: Fiege)

Live: Russ Ballard in Karlsruhe – Im Schnellboot mit Crockett und Tubbs

Russ Ballard ist eine echte Hit-Maschine. In den 1970er und 1980er Jahren hat der Brite den Classic Rock maßgeblich mitgeprägt. Auch mit fast 80 steht er noch auf der Bühne. Am Sonntag etwa im Karlsruher Tollhaus. Seine energiegeladene Show hätte mehr Zuschauer verdient gehabt.

Es gibt keine TV-Serie, in der Film und Musik besser zusammengedacht wurden, als „Miami Vice“. Die Krimi-Reihe aus den 1980er Jahren war stark vom damals noch taufrischen MTV und der Musikvideo-Ästhetik beeinflusst, setzte auf harte Schnitte,  Sequenzen in Zeitlupen sowie ausgeklügelte Farbgebung und Beleuchtung. Kurzum: Sie war stilbildend. Es konnte dabei durchaus mal vorkommen, dass in einer Szene, die von einem zeitgenössischen Song untermalt wurde,  dieser komplett (!) durchgespielt wurde. Die Zeit nahm man sich. Der Einsatz von drei Songs war in dieser Hinsicht besonders ikonisch: „In the Air Tonight“ von Phil Collins, „Brothers in Arms“ (Dire Straits) – und „Voices“ von Russ Ballard.

anzeige

„Voices“ taucht direkt in der ersten Staffel auf und begleitet die beiden Miami-Cops Crockett (Don Johnson) und  Tubbs (Philip Michael Thomas) minutenlang bei einer Fahrt im Schnellboot. Nie sah Boot fahren so cool aus. Als am Sonntagabend im Karlsruher Tollhaus das Synth-Intro des Songs erklingt, ist der Jubel denkbar groß. Der eine oder andere Zuschauer hat die legendäre „Miami Vice“-Szene in diesem Moment sicherlich vor dem inneren Auge, spürt fast die Sonne Floridas und das Salzwasser auf der Haut, als die fetten Gitarren erklingen. „Voices, I hear voices“. Das Tollhaus wird in diesem Moment zum gemischten Chor.

Neues Doppelalbum erschienen

Viele Künstler würden für einen Hit dieser Güteklasse töten, für Russ Ballard war er nur einer unter mehreren. Viele seiner Songs sind vor allem auch durch andere Künstler erst so richtig berühmt geworden. So unterschiedliche Kollegen wie Kiss, Roger Daltrey, The Pointer Sisters, die beiden ABBA-Damen, Rainbow, America, Santana oder Hot Chocolate profitierten beispielsweise von den Liedern, die sich der britische Musiker einfallen ließ.

Weil er im Laufe seiner Karriere immer wieder darauf angesprochen wurde, warum er die Songs denn nicht selbst mal auf ein Album packen wollte (obwohl er das ja durchaus getan hatte! Es hatten eben nur nicht so viele Leute mitbekommen), hat er genau das jetzt noch einmal gemacht. Das Doppelalbum „Songs from the Warehouse/The Hits rewired“ ist im April erschienen, eine Mischung aus neuen Aufnahmen und Best-Of, wobei die Klassiker von Ballard neu eingesungen und eingespielt wurden.

Aus eben diesem Doppelalbum speist sich die fast zweistündige Setlist, mit der Ballard und seine Band gerade unterwegs sind. Stolze 79 Jahre zählt Ballard mittlerweile, in Sachen Energie und Stimmkraft merkt man sie ihm nicht wirklich an. Sicher, die Stimme ist ein bisschen gealtert, aber: Da gibt es deutlich jüngere Kollegen im Rock-Zirkus, die diese Noten nicht mehr treffen, die Ballard immer noch trifft. Die Lust am Leben, die Lust an der Musik, die Lust am Gesang – all das strömt dem Vollblut-Musiker aus jeder Pore. 

Zeitreise in die 1980er

Dass der Saal vielleicht gerade mal halb gefüllt ist, ist eigentlich ein Verbrechen. So bleibt diese Zeitreise zurück in die 1970er und 1980er viel zu vielen Menschen vorenthalten. Sie haben etwas verpasst: „Hold Your Head Up“ (aus Ballards Zeit mit Argent), „Since You Been Gone“, „In the Night“, „New York Groove“, „Liar“ – wem da nicht warm ums Herz wird, hat den Classic Rock nie geliebt.

Es ist erfrischend, dass Ballard, der so erfolgreich an der Musikgeschichte mitgeschrieben hat, sich selbst nicht allzu  ernst nimmt. Dass andere seine Songs größer machten als er selbst: nimmt er mit Humor, wie sich auf der Bühne wieder und wieder offenbart. Ballard ist mit der Welt und sich im Reinen. Und ein unterhaltsamer Geschichtenerzähler obendrein.

Am Ende: eine Zugabe. „God Gave Rock And Roll To You“. Party. Zurück bleibt ein beseeltes Publikum. Und die große Lust, mal wieder eine Miami-Vice-Folge in den DVD-Player zu schieben. „Voices, I hear voices …“

anzeige

Zeen is a next generation WordPress theme. It’s powerful, beautifully designed and comes with everything you need to engage your visitors and increase conversions.

Zeen Subscribe
A customizable subscription slide-in box to promote your newsletter
[mc4wp_form id="314"]
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner