Rüdiger Hoffmann (foto: Mike Wahrlich)

Interview: Wie Rüdiger Hoffmann zum Support-Act für die Rolling Stones wurde

Rüdiger Hoffmann ist ein Wegbereiter der Stand-up-Comedy in Deutschland. Am Donnerstag macht der Ostwestfale in Kaiserslautern Station. Benjamin Fiege sprach mit ihm vorab über ein Treffen mit den Rolling Stones, seine Anfänge und sein Verhältnis zur Pfalz.

Herr Hoffmann, wissen Sie, was Sie mit Prince, AC/DC, Guns N’ Roses und Metallica gemeinsam haben?

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Spontan würde ich sagen: die Musikalität. Den guten Geschmack. 40 Jahre auf der Bühne oder das Alter können es nicht sein, die Jungs von AC/DC dürften deutlich älter sein als ich … (überlegt). Ah, Sie spielen auf den Support-Gig bei den Rolling Stones an!

Genau. Am 12. August 1995 haben Sie für die Stones beim Halt ihrer „Voodoo Lounge Tour“ beim Schüttorfer Open Air eröffnet. Wie kam es dazu?

Sonst heizen für Jagger und Kollegen ja keine Comedians an …Mein damaliger Manager hatte das eingefädelt. Er hatte zwei der Stones-Auftritte in Deutschland betreut, darunter das Schüttorf Open Air, und hatte die Idee, dass ich doch da im Vorprogramm auftreten könnte. Mick Jagger wurde ein Video von mir zugeschickt, er hat sich das angeschaut und das OK gegeben. Für mich eine tolle Sache, zumal ich nach der Show noch in die Garderobe der Stones durfte, wir haben Fotos gemacht, das war schön.

Wer hat wen um ein Foto gebeten?

Natürlich ich die Jungs! (lacht) Es war schon sehr cool. Sie hatten ein klimatisiertes Zelt hinter der Bühne, Snooker-Tische, Ledersofas. Das hatte was. Wir hatten nicht mal eine Kamera dabei, mussten einen Journalisten fragen, ob er für uns den Moment festhalten könnte. Keith Richards hat mich backstage in den Arm genommen. Ron Wood, Charlie Watts waren auch da. Mick Jagger nicht, der war in einer anderen Garderobe. 

Sie hatten ja damals gerade erst Ihren Durchbruch geschafft. Das muss sich surreal angefühlt haben, vor 80.000 Rockfans auf der Bühne zu stehen …

Absolut. Ich hatte Freunde aus Paderborn mitgebracht, auch meine damalige Freundin und jetzige Frau. Die hatte durch den Vorhang der Bühne gelugt und war total am Zittern. Ich selbst war komischerweise cool, hatte ein gutes Gefühl. Auch weil ich hörte, wie man mich ansagte und die Leute gejubelt hatten. Ich habe dann 20, 30 Minuten gemacht, vielleicht habe ich etwas schneller als normal gesprochen. Aber es kam super an und es sind auch keine Flaschen geflogen wie seinerzeit bei Peter Maffay.

Plötzlich ein Star

1995, 1996 war die Zeit Ihres großen Durchbruchs. Wie hat „Der Hauptgewinner“ Ihr Leben verändert?

Ich stand seit 1985 auf der Bühne, bin zehn Jahre getingelt. In den Neunzigern kamen die ersten wichtigen TV-Auftritte „Quatsch Comedy Club“, „RTL Samstag Nacht“, und „Wetten, dass“, die Sendung mit Michael Jackson. Die war der große Durchbruch. Sechs Jahre lang war ich dann die absolute Nummer eins, was den Kartenverkauf im Comedy-Bereich in Deutschland angeht, habe die großen Hallen bespielt. 

Den Markt haben Sie sich selbst mitgeschaffen. Stand-up-Comedy gab es vorher in Deutschland nicht. An wem haben Sie sich da orientiert, an britischen oder amerikanischen Vorbildern?

An keinen! Selbst heutzutage habe ich keine Ahnung, was in anderen Ländern so abgeht in dem Bereich. Als ich anfing, gab es den Begriff „Comedy“ nicht, das lief bei mir unter Kleinkunstkabarett, Alltagstypenkabarett. Erst mit „RTL Samstag Nacht“ hielt plötzlich der Begriff „Comedy“ Einzug. Als dann Comedy zum Ding wurde, hatte ich schon ein Repertoire aus zehn Jahren, aus dem ich mich bedienen konnte.

Warum hatte es denn in Deutschland so lange gedauert, ehe sich Comedy durchgesetzt hatte?

Schwer zu sagen. Humor war zuvor in Deutschland gleichgesetzt vor allem mit Otto und Loriot, beide natürlich zeitlos genial. Daneben gab es Altherrenhumor, Versteckte Kamera, politisches Kabarett, Harald Juhnke. Alles eher nicht so an Jüngere gerichtet. Spannender fand ich da das Abseitige, man würde heute vielleicht absurdes Theater sagen: Jango Edwards und die Fools-Bewegung. Man musste die Comedy bei uns eben erst erfinden.

Es gab und gibt hier auch heute keine Comedy-Infrastruktur. Keine Clubs, in denen sich Comedians beweisen können, um dann entdeckt zu werden …

Das lief bei uns immer übers Fernsehen. Das war das große Sprungbrett. Bei den Jüngeren, man nehme etwa Felix Lobrecht, ist es heute eher das Internet.

Hatten Sie ihren Signature-Stil, dieses Langsame, schon von Beginn an?

Ich hatte meinen Stil so nach anderthalb, zwei Jahren gefunden. Auch meine Catchphrase „Ja, hallo erstmal“ … Der Stil ist natürlich, ich muss mich da gar nicht groß drum bemühen.

Catchphrase sollte irritieren

Mitte der Achtziger hat man im deutschen Humorbereich noch gerne mit Verkleidungen, lustigen Brillen oder albernen Hüten experimentiert. Sie auch?

Ich habe am Anfang auch vereinzelt mit Requisiten gearbeitet. Etwa mit einer roten Jacke meiner Mutter. Da habe ich in einer Nummer einen Bauchredner mit Handpuppe gespielt, der eigentlich nicht bauchreden kann. Und eine Brille hatte ich, die ich heute noch nutze. Damit spiele ich einen Anwalt, Mitte 60, der noch bei den Eltern wohnt und jetzt aus seinem Kinderzimmer raus soll.

Ist es wahr, dass Ihre „Ja, hallo erstmal“-Catchphrase entstanden ist, weil Sie das Publikum irritieren wollten?

Ja, ich wollte so einen richtigen Anti-Anfang, bei dem die Leute erst nach einer Weile merken, dass der ungelenke Einstieg schon Teil einer Nummer ist. Hat funktioniert. Als ich dann den Durchbruch geschafft hatte, wurde die Phrase Kult und hat Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Das macht mich stolz. Mich nervt es daher auch nicht, wenn ich damit an der Tankstelle angesprochen werde.

Sie haben mal gesagt: In meinen Programmen lachen die Leute über sich selbst, merken es aber nicht immer. Ist das heute noch so? Oder haben wir heute verlernt, über uns selbst zu lachen?

Wenn ich spiele, lachen die Leute noch wie früher. Natürlich sind die Zeiten insgesamt schwieriger, humorloser. Aber da können die Auftritte eines Comedians Inseln sein, in denen man sich das Lachen erlaubt. Ich habe das Gefühl, dass die Leute in solchen Zeiten wirklich aktiv nach diesen Auszeiten vom Alltag suchen, nach Comedy. Das war auch nach 9/11 so. Das Lachen ist in schlechteren Zeiten oft lauter, es ist ein Ventil.

Was haben Sie denn selbst für Eskapismus-Inseln? Wo holen Sie sich die gute Laune her?

In der Sauna, beim Sport, bei der Massage. Körperliche Dinge. Und: bei tollen Serien oder Filmen. Da spreche ich auch ab und an in meinem Podcast mit Andreas Hutzler drüber. Zuletzt habe ich mir „Breaking Bad“ und „Shameless“ sehr gerne angesehen. Auch „Ozark“.

„Ein gutes Programm“

Jetzt sind Sie zu Gast in Kaiserslautern, später im Jahr auch in Heidelberg. Was können die Zuschauer von den Abenden erwarten?

Ein wirklich gutes Programm, das kann ich bezeugen, weil ich es ja schon seit zwei Jahren spiele. Es geht wieder um den Alltag, etwa um ein beschissenes Schul-Konzert des Sohnes, Online-Shopping, das Leben eines Rentners, Urlaub auf dem Bauernhof, Aggro-Tourismus … Dinge, in denen sich die Leute wiederfinden können.

Kommen Sie als ruhiger Ost-Westfale eigentlich mit dem überschwänglichen, weinseligen Pfälzer Typus klar?

Absolut. Ich lebe ja auch schon längere Zeit im Rheinland, da sind die Menschen ähnlich drauf. Wenn ich als Ostwestfale in Regionen kommen, in denen man von Natur aus etwas lebhafter ist, ist der Effekt meines Humorstils stärker. Eben durch den Kontrast. Ich komme da noch exotischer rüber. In Paderborn gelte ich mit meinem Stil als normal, da bin ich nichts Besonderes.

Termin

Rüdiger Hoffmann tritt am Donnerstag, 20. Februar, 20 Uhr, mit seinem aktuellen Programm „Mal ehrlich“ in der Kammgarn in Kaiserslautern auf. Tickets gibt es im Vorverkauf unter anderem über reservix.de.

Zur Person

Rüdiger Hoffmann, Jahrgang 1964, ist ein deutscher Comedian. Der gebürtige Paderborner schaffte Mitte der 1990er Jahre mit seinem Programm „Der Hauptgewinner“ den  Durchbruch. Der Ostwestfale, der seine Nummern gerne mit der Phrase „Ja, hallo erst mal! Ich weiß gar nicht, ob Sie’s wussten, aber …“ einleitet, war dabei einer der ersten erfolgreichen Stand-up-Comedians in Deutschland.

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