Multi-Genre-Künstlerin Sunny War beschwört auf ihrem neuen Album „Armageddon In A Summer Dress“ nicht nur die Geister verlorener Menschen, sondern richtet den Blick auch auf ihr Innerstes. So entstanden eindringliche und fantasievolle Songs über das Überschreiten von Grenzen – zwischen Welten und musikalischen Genres.
Sunny War – hinter diesem klingenden Namen verbirgt sich die US-amerikanische Folk-Punkerin Sydney Ward. Die Musikerin stammt eigentlich aus Nashville, ist aber mittlerweile in Los Angeles beheimatet. Im Alter von 13 Jahren begann die Tochter einer alleinerziehenden Mutter, Gitarre zu spielen, inspiriert durch Bands wie AC/DC oder Mötley Crüe. Später orientierte sie sich aber mehr in Richtung Punk um. Die Jugend von Sydney Ward war dabei allerdings keine einfache. Man könnte sagen: Sydney Ward war eine gebrochene Existenz. Erst alkoholabhängig, später dem Heroin und auch Crystal Meth verfallen. Es sind auch diese schmerzlichen Erfahrungen, die sich in Wards Stimme spiegeln – und die ihre Blues-, Roots- und Folk-Punk-Musik so authentisch, so ehrlich erscheinen lässt.
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Nach dem Erfolg des Albums „Anarchist Gospel“ verbrachte Sunny viel Zeit on the road, mit Künstler-Kollegen wie Bonnie Raitt und Mitski. Um zu vermeiden, dass sie nach dem Touren wieder die erfolgreich bekämpfte Alkoholsucht abdriftet, kanalisierte sie ihre Energie in neue Musik. Das Ergebnis kann sich nun hören lassen: Mit „Armageddon In A Summer Dress“ hat die Gute ein neues Album vorgelegt.
Die Ideen zur Platte – ihr Studioalbum Nummer acht – kamen ihr, nachdem sie von Venice Beach in das 100 Jahre alte Haus ihres verstorbenen Vaters in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee einzog. Anfangs dachte sie, in dem Haus würde es spuken. Sie hörte unheimliche Geräusche, hatte schräge Visionen. Das brachte sie dazu, den Song „Ghosts“ zu schreiben. Später entdeckte sie, dass die Halluzinationen durch ein Gasleck in dem alten Haus verursacht wurden. Die Grundlage des Albums war da aber schon gelegt.
Geister vergangener Zeiten
Gasleck hin oder her, „Armageddon In A Summer Dress“ erforscht nun also Themen wie Erinnerung, Verlust und die Geister vergangener Persönlichkeiten. Das alles zu einem rebellischen Folk-Punk-Sound, bei dem man aber nicht an irische Sauf-Lieder, sondern eher an eine Melange aus Folk. Punk, Country/Americana, Blues, Soul, Indie-Rock, Afro-Pop, Psychedelic-Rock und ja, sogar Rap, denken sollte.
Es ist ein Album, das gespickt mit Highlights ist. Schon der Opener „One Way Train“ nimmt einend direkt und ohne Umschweife gefangen. „Bad Times“ ist wunderbar tanzbar geraten, „No One Calls Me Baby“ eine Ballade, die im Ohr bleibt. Das langsame, nachdenkliche „Walking Contradiction“ gehört sicherlich ebenfalls zu den Glanzlichtern, bei der bluesigen Nummer, bei der ihr Steve Ignorant (Crass) zur Hand geht, geht es um den ganz persönlichen Ausverkauf, den jeder von uns Tag für Tag über sich ergehen lässt.
Speaking of collaborations: Beim bezaubernden „Cry Baby“ macht Sunny gemeinsame Sache mit Valerie June, einer alten Heldin von ihr. John Doe (von X) ist bei „Gone Again“ mit von der Partie, beim bluesigen „Scornful Heart“ taucht Tré Burt als Feature-Gast auf. Wenn sich derlei namhafte Kollegen die Klinke in die Hand geben, um mit einem zusammenzuarbeiten, muss man etwas richtig gemacht haben.
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