Als menschliche Discokugel. So tritt der Deutschen liebster Ire dem Betrachter auf dem Artwork seines neuen Albums „Halo“ entgegen. Eine waschechte Disco-Platte ist das sechste Album des früheren Reamonn-Frontmanns Rea Garvey aber nicht geworden. Auch wenn die eine oder andere Disco-Anleihe auf dem Machwerk durchaus zu finden ist.
„Halo“ ist Rea Garveys erstes postpandemisches Album. Der Vorgänger „Hy Brasil“, eine Pop-Rock-Platte, die von einer Phantominsel inspiriert wurde, die angeblich im sechsten Jahrhundert existiert haben soll, erschien im November 2020. Also noch mitten in Corona-Zeiten. Seither hat Garvey am nun vorliegenden Nachfolger gearbeitet, immer wieder einzelne Songs veröffentlicht, bevor er das Album überhaupt geschrieben oder aufgenommen hatte. Sozusagen ein bisschen die Stimmung getestet, auch live, denn viele der Songs hatte der Gute auch schon Anfang des Jahres auf Tour am Publikum ausprobiert. Also am lebenden Objekt.
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Die Mixtur, die der Ire da angerührt hat, hätte aber eigentlich keiner großen Testphase bedurft. Man bekommt von Garvey, was man von Garvey in der Regel erwartet. Einen radiotauglichen Mix aus Pop, Rock und Singer-Songwriter-Mucke, hier und da mit einen bisschen Dance-Elementen (etwa in „I Give Up I Love You“) angereichert. Garvey will mit seinem musikalischen Bauchladen ein möglichst breites Publikum ansprechen, spielt also auch die ganze Klaviatur der Emotionen, von nachdenklich bis Party. Es geht dabei vor allem um die thematischen Klassiker, um Liebe, Freundschaft und Familie oder auch um Menschlichkeit. Dabei schöpft Garvey auch aus dem eigenen Erfahrungsschatz, thematisiert das Post-Covid-Vakkuum, das Vatersein, Heimatgefühle oder die Sehnsucht nach Frieden auf der Welt.
Arena statt Spelunke
In „Free Like The Ocean“ etwa erzählt Garvey davon, wie weit einem die Welt offen steht, wenn man einfach den ersten Schritt hinaus machst. „Perfect In My Eyes“ handelt derweil von der bittersüßen Erkenntnis, dass Liebe uns immer wieder herausfordert, in uns hineinzuhören und zu allen Gefühlen zu stehen. “Love hurts but it’s a good kind of pain”. Positive Messages, die leider aber oft in Form von Phrasen in die Welt getragen werden. Was empowernd klingen soll, wirkt da leider oft einfach banal.
Leider ist das auch wieder alles so gefällig, so steril, so ohne Ecken und Kanten produziert, dass man sich fragt, warum Garvey nicht einfach mal ein bisschen mutiger wird. Leisten könnte er es sich. Den Witz, das Charisma, die Stimme hat er – warum nicht mal ein paar Pfade abseits des Mainstreams betreten? Warum nicht mal ein bisschen mehr Indie, ein bisschen mehr Spelunke? Weniger Arena wagen! Es würde dem 51-Jährigen, der doch eigentlich alles mitbringt, so gut zu Gesicht stehen. Stattdessen ist das Album so glatt, dass es einem geradezu weggleitet. Gehört und vergessen.
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