Ein Weltstar gab sich am Sonntag in Schwetzingen die Ehre: Die kanadische Rock-Legende Bryan Adams heizte rund 7000 Zuschauern im Schlossgarten ein.
Und plötzlich waren die Herren der Schöpfung nackert. Also, zumindest obenrum. Explizit dazu aufgefordert vom Künstler höchstpersönlich. „Das ist ein Dance-Song! Also tanzt! Oder twerkt, wenn euch das lieber ist. Und wenn beides nicht geht, dann zieht wenigstens euer T-Shirt aus. Deutschland ist ein liberales Land, und meine Erlaubnis habt ihr“, rief Bryan Adams ins Mikro. Ein Kameramann hielt dann auf die Zuschauer drauf, um die Bilder dann auf die großen Bildschirme zu werfen. Kein ungefährliches Unterfangen, das wissen wir spätestens seit Coldplay mit ihrer Kisscam das Leben eines Tech-CEOs und seiner Angestellten ordentlich durcheinander gewirbelt haben. Die Bilder, die Adams’ Kameramann aber im Schwetzinger Schlossgarten einfing, hatten, so weit kann man sich wohl aus dem Fenster lehnen, eher Gute-Laune- denn Meme-Potenzial.
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Gut gelaunt waren auf jeden Fall auch die rund 7000 Zuschauer, die sich in Schwetzingen vor der Bühne drängten. So voll war es im Schlossgarten wohl noch nie. Einen großen Namen wie Bryan Adams, einen echten Weltstar, hatte man aber auch noch nicht so oft hier. Der 65-Jährige, vielleicht Kanadas größter Exportschlager nach Ahornsirup und Erdgas, ist sonst eher in den großen Arenen und Stadien zuhause.
Von der Leine gelassen
Die Lust auf die Hits des Musikers an diesem Sonntag: grenzenlos. Nicht nur im gut aufgelegten Publikum, sondern auch beim Künstler selbst, der in Schwetzingen mit unheimlich viel Spielfreude zu Werke ging. Auf Tour wird er ja endlich auch mal von der Leine gelassen, denn zu Hause ist ihm das Singen untersagt, wie Adams neulich scherzend der „Bild“-Zeitung verriet. Die Töchter hören eben im Zweifel doch lieber Taylor Swift.
Die hat auch eine große Hitdichte, keine Frage, an jene von Adams kommt aber auch sie noch nicht ran. Das wurde einem an diesem Abend im Schlossgarten doch mal wieder bewusst, in der sich – gerade hintenraus – ein Evergreen an den nächsten reihte. Ob der nun „Run to You“, „(Everything I Do) I Do It For You“, „When You’re Gone“, „It’s Only Love“ oder „Cuts Like A Knife“ hieß.
Phänomen „Summer of ’69“
Natürlich durfte auch der Überhit nicht fehlen. „Summer of ’69“ ist schon ein Phänomen. Abgesehen von „Last Christmas“ (Wham!) gibt es wohl keinen Song, der totgenudelter ist als Adams’ ganz persönliches Sommer-Märchen; gefühlt hat jede Coverband zwischen Flensburg und Passau den Titel in ihrem Bauchladen. Keine Kerwe, kein Stadtfest ohne den Gassenhauer aus dem Jahr 1985. Er scheint der kleinste gemeinsame musikalische Nenner zu sein. Und trotz der dauerhaften Berieselung, der man da arglos ausgesetzt ist, funktioniert die Nummer irgendwie immer noch. Gerade live. Kaum ist das Lied angespielt, ist man drin. Wippt mit. Singt mit. Hat wieder einen Ohrwurm. Hinterlistig.
Seltener gehört: die Songs aus dem neuen Adams-Album „Roll With The Punches“, das am 29. August erscheinen soll. Auf Adams’ neuem, eigenen Label Bad Records. Die vier bislang vorab veröffentlichten Singles hatte der Mann in Schwetzingen allesamt im Gepäck: „Roll With The Punches“, „Make Up Your Mind“, „Never Ever Let You Go“ und „A Little More Understanding“. Ein neues „Summer of ’69“ ist ohrenscheinlich nicht dabei, dennoch fügten sich die neuen Tracks gut in die Konzert-Setlist ein, die im Grunde alle Adams-Phasen abdeckte und sogar noch durch ein paar Cover („Twist & Shout“, „Can’t Take My Eyes Off You“) ergänzt wurde. Die rund zwei Stunden Spielzeit wurden anständig gefüllt.
Zufriedene Gesichter
Im Zugabenteil wurde es dann noch einmal andächtig. Adams kramte die Akustikgitarre hervor, spielte zunächst eine entspannte Version von „Straight From The Heart“, ehe er den Abend mit „All for Love“ beschloss. Eine Nummer aus dem Jahr 1993, ein Klassiker, damals Teil des Soundtracks zu „Die drei Musketiere“, Sting, Rod Stewart und Adams hatten sich den Leadgesang seinerzeit geteilt. Diesmal war Adams auf sich allein gestellt, was der Rockballade natürlich viel von ihrem Charme nahm. Das Publikum hatte aber trotzdem seinen Spaß mit diesem Finale, dafür sprach zumindest das Smartphone-Lichtermeer, das Adams hier begleitete. Danach: Feierabend. Zufriedene Gesichter überall. Diese Nacht des Summer of 2025 wird bei dem einen oder anderen sicher noch nachwirken.
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