„Blue Raspberry“ ist für die Singer-Songwriterin zweites Album und Debütalbum zugleich. Denn die in New York lebende Musikerin feiert mit dem Machwerk ihre Premiere bei dem Label ANTI-Records. Dabei taucht sie kopfüber in die Künstlichkeit neu gefundener Intimität ein: Als Exegese von Kirbys erster queerer Beziehung zeichnet das melancholische „Blue Raspberry“ den Gipfel und den Zusammenbruch einer neuen Liebe nach. Musik gewordene Sehnsucht.
Katy Kirby wohnt zwar in einer der aufregendsten Metropolen der Welt, wuchs aber als evangelikale Christin in einer kleinen Stadt namens Spicewood außerhalb von Austin, Texas, auf. Dort sang sie in Gottesdiensten, einer ihrer ersten Berührungspunkte mit Musik. Später zog die Gute nach Nashville, besuchte dort das College. 2018 begann Kirby schließlich mit der Veröffentlichung von Musik, ihr Debütalbum „Cool Dry Place“ erschien 2021.
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Nach der Veröffentlichung nahm sie die Platte mit auf Tour mit Waxahatchee, Andy Shauf, Pinegrove, Fenne Lily und Julia Jacklin. Während die Songs auf diesem Erstling von der Stimmfindung Kirbys geprägt waren, kommt „Blue Raspberry“ nun um einiges selbstbewusster daher. „Diese Platte ist viel persönlicher, als ich es beabsichtigt hatte. Ich war in einer Phase, in der ich mit meiner Art zu schreiben experimentierte, und was dabei herauskam, war ein Song über eine Frau, über eine imaginäre Frau. Ich dachte nicht, dass ich als oder über mich selbst schreibe, aber diese Art von Songs kamen immer wieder heraus, mit Fragmenten von sich überschneidenden Texten, die sie wie Perlen auf einer Schnur miteinander verbinden. Sie schienen dieselbe Welt zu bewohnen“, so Kirby über die neue Platte.
Üppige Klangpalette auf „Blue Raspberry“
Um die lyrischen Themen von „Blue Raspberry“ zu unterstreichen, entwickelte Kirby zusammen mit ihrer Band eine neue, üppige Klangpalette mit orchestralen Gesten, die von ihrem Freund Rowen Merrill arrangiert wurden. „Ich hatte das Gefühl, dass ich zum ersten Mal vorhatte, Liebeslieder zu schreiben. Als mir klar wurde, dass es sich um queere Liebeslieder handelt, die die Künstlichkeit zelebrieren, wollte ich, dass sie so klingen, als würden sie sich um einen Platz im Kanon der Hochzeitsempfänge bewerben“, sagt sie.
Zu den Glanzlichtern der Platte gehört natürlich zum einen der gefühlige Titelsong. „,Blue Raspberry‘ ist der älteste Song auf der Platte. Ich fing an, ihn zu schreiben, etwa einen Monat bevor mir klar wurde, dass ich queer bin“, sagt Kirby. Auch die erste Single-Auskopplung bleibt haften. In „Cubic Zirconia“ verteidigt Kirby die Künstlichkeit – oder das, was die Welt als „künstlich“ beschreibt. Kirby: „Es scheint, dass Natürlichkeit nicht nur ein gefährlich vages und subjektives Konzept ist, sondern dass derjenige, der sich auf diese Konzepte beruft, fast immer manipulativ oder sogar bösartig ist. Die Grenze zwischen authentisch/falsch, natürlich/unnatürlich, organisch/synthetisch, künstlich/echt ist hoffnungslos dünn. Insofern ist es eine Linie, die sich ständig verschiebt und in niemandes Interesse zu sein scheint, außer in dem der Leute, die beschlossen haben, dass sie am besten qualifiziert sind, diese Linie zu ziehen. Was für ein nutzloses Konzept. Was für ein extrem verdächtiges Konzept, um den Wert einer Person zu beurteilen. Eine scheinheilige kleine Masche!“
„Party Of The Century“ gefällt, ist mit unter drei Minuten vielleicht gar ein bisschen zu kompakt geraten. „Table“ setzt dann einen fantastischen Schlusspunkt. Der Closer ist eine Art thematischer Ausreißer, ein Überbleibsel aus Kirbys gottverlassenen Vorleben. Sie hat ihn als Epilog oder Outro für die restlichen Songs konstruiert. Ein würdiges Finale eines gelungenen Zweitwerks. Eines, bei dem die Gute dann noch mal richtig explodiert, nachdem sie es über die Dauer des Albums eher ruhig und sanft hat angehen lassen.
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