Nachdem Elvis Presley nach einem knappen Jahrzehnt von Hollywood genug hatte, wollte er wieder richtig Musik machen. 1968/69 gelang ihm denn auch ein beeindruckendes Comeback. Ein knappes Jahr später zog es ihn nach Nashville. Ins Country-Mekka. Die neue Compilation „From Elvis in Nashville“ erzählt von den Marathon-Sessions, an denen Elvis dort teilnahm. Ein oft unterschätztes Kapitel seiner illustren Karriere.
Die ausklingenden 60er Jahre. Es war die Zeit der Beatles, von Flower Power und „Woodstock“, Rock-Revolution und politischem Aufbruch. Ein Umfeld, das irgendwie nicht mehr geschaffen schien für den König des Rock ’n‘ Roll. Der hatte es sich in den 60er Jahren vor allem in Hollywood bequem gemacht, trat nicht mehr auf, sondern lieferte eine Reihe anspruchsloser Filmchen ab. Natürlich immer garniert mit einem Soundtrack, der ebenso anspruchslos war. Die Zeit von Elvis schien abgelaufen. Zur großen Überraschung aller gelang Elvis 1968 aber ein großes musikalisches Comeback. Ein Gospel-Album ermöglichte ihm seinen ersten „Grammy“. Sein TV-Special vom Dezember 1968 katapultierte ihn zurück ins Zentrum der Publikumsgunst. Und seine stilistisch vielfältigen Studio-Aufnahmen von 1969 in Memphis gipfelten in den monumentalen Chart-Hits „In The Ghetto“ und „Suspicious Minds“ sowie im gefeierten Album „From Elvis In Memphis“. Elvis war wieder wer.
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Im Juni 1970 ging er dann erneut ins Studio, diesmal nach Nashville, um im dortigen „RCA-Studio B“ an fünf Tagen hintereinander mit den sogenannten „Nashville Cats“ ein Programm einzuspielen. Teils überarbeitet, lieferte es die Basis für drei nachfolgende Schallplatten: „That’s The Way It Is“ (1970), „Elvis Country (I’m 10.000 Years Old)“ und „Love Letters From Elvis“ (beide 1971). Seine studiotechnische Herangehensweise bei den Aufnahmen in Nashville im Juni 1970 (und an einem weiteren Tag im September) blieb dann natürlich die gleiche: Er wollte genau wie ein Jahr zuvor in Memphis wiederum live und direkt mit einer Gruppe von Musikern arbeiten.
Keine Kompromisse
Unter der Regie des Produzenten Felton Jarvis tat sich Presley also mit den „Nashville Cats“ zusammen, einer Elite von Session-Musikern. Dazu gehörten der Multi-Instrumentalist Charly McCoy, Norbert Putnam am Bass sowie der Pianist David Briggs. Die Gitarre bediente Elvis‘ langjähriger Partner James Burton. An dem Aufnahmetag im September wurde dieser durch Eddie Hinton ersetzt, der wie Putnam und Briggs Mitglied der „Muscle Shoals Studio Rhythm Section“ war. Elvis selbst spielte zumeist akustische Gitarre.
Auch beim Songmaterial musste Presley keine Kompromisse eingehen. Er hatte die freie Wahl. Und so kombinierte er verschiedenste stilistische Genres wie Bluegrass, Honky Tonk oder Rockabilly mit zeitgenössischem Pop, Rock, Balladen oder auch aktuelleren Hits. Zu den ausgewählten Titeln zählten zum Beispiel Willie Nelsons „Funny How Time Slips Away“ in einer sehr lebhaften Fassung, Simon & Garfunkels „Bridge Over Troubled Water“, die von den Hitschreibern Alan Blaikley und Ken Howard für Iain Matthews verfasste Ballade „I’ve Lost You“ oder eine neue Version von „Love Letters“, das Elvis erstmals 1966 aufgenommen hatte. Das fesselnde Cover von Little Richards „Whole Lotta Shakin‘ Goin‘ On“ entstammt dem Aufnahmetag im September.
Bis dato unveröffentlichte Outtakes
Die auch als „Marathon Sessions“ bekannten Live-im-Studio-Aufnahmen werden jetzt zum 50-jährigen Jubiläum unter dem Titel „From Elvis In Nashville“ erstmalig zusammengefasst und in einer Edition aufgelegt. Der tontechnisch wichtigste Aspekt dieser Kollektion: Alle 40 (neu abgemischten) Songs aus diesen Sessions sind hier erstmals wieder in ihrer ursprünglichen Version zu hören. Ohne etwaige Overdubs und orchestrale Bearbeitungen früherer LP- oder CD-Ausgaben. Die neue Sound-Abmischung übernahm der renommierte Toningenieur Matt Ross-Spang. Die Highlights des CD-Sets werden auch auf einer Doppel-LP veröffentlicht.
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