Curtis Stigers (foto: fiege)

Live: Curtis Stigers in Worms – Jazz statt Kuschelrock

Auf den Kuschelrock-CDs der frühen Neunziger Jahre war Curtis Stigers Stammgast. Heute kleidet der Gute seine früheren Pop-Perlen lieber ins Jazz-Gewand. Wie das klingt, konnte man am Freitagabend in Worms bei „Jazz & Joy“ erleben.

Die Ex-Frau von Curtis Stigers wohnt schön. Und dass das so ist, dafür  ist der Song „(What’s So Funny ’Bout) Peace, Love and Understanding“ verantwortlich. „Nick Lowe hat ihn geschrieben. Elvis Costello hat die  beste Version davon aufgenommen – und meine hat am meisten Geld eingespielt“, sagt Curtis Stigers und lächelt. „Aber, das hatte nichts mit mir zu tun“, schiebt er gleich hinterher und verweist darauf, dass seine Cover-Version seinerzeit auf dem Soundtrack zum Film „Bodyguard“ mit Whitney Houston und Kevin Costner veröffentlicht wurde. „Der wurde mehr als 44 Millionen Mal verkauft und hat dafür gesorgt, dass meine Ex heute ein schönes Haus hat“, witzelt der 56-Jährige.

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Es dürften in der Zwischenzeit aber ja auch ein paar Dollar  bei ihm selbst hängen geblieben sein. Stigers war in den 1990ern ein Popstar, ein unwahrscheinlicher obendrein. Denn eigentlich galt die Liebe des Mannes, der in Kalifornien geboren wurde und in Idaho aufwuchs, zuallererst dem Jazz. Angefacht durch Jam-Sessions des großen Jazz-Pianisten Gene Harris im Idanha-Hotel, die Stigers als Teenager oft live verfolgte. Die Soul-Jazz-Legende ist 2000 verstorben, Stigers hat dem Kollegen mit der Nummer „Swingin‘ Down at Tenth and Main“ ein musikalisches Denkmal gesetzt. Ein Song, den er an diesem Abend auch in Worms zu Gehör bringt.

Durchbruch mit Pop-Balladen

Es waren aber die Pop-Balladen, mit denen Stigers damals, 1991, seinen großen Durchbruch schaffte. Arista-Chef Clive Davis hatte den Jazz-Musiker unter Vertrag genommen, ihm aber einen Stilwechsel aufgedrückt. Pop und Rock hieß nun die Devise. Ein Konzept, das aufging. Das selbstbetitelte Debütalbum ging 1991 durch die Decke, verkaufte mehr als 15 Millionen Einheiten, gebar Hits wie „I Wonder Why“, Top-Ten in Deutschland, den USA und England, „Never Saw A Miracle“ oder „All That Matters To Me“. Nummern, mit denen Stigers Stammgast in den Kuschelrock-CDs jener Zeit war. Wenn man sieht, wie sich Worms an diesem Freitagabend bei diesen Titeln in den Armen lag, weiß man auch, bei wem diese im CD-Regal standen.

Um die Jahrtausendwende wandte sich Stigers wieder dem Jazz zu, vom Pop-Business hatte er  die Nase voll. „Meine Erfahrung mit den Pop-Labels war sehr unerfreulich. Zu Beginn sah alles noch ganz toll aus: Die hatten die Power und das Geld, einen Newcomer wie mich weltweit zu promoten. Aber schon bald fingen die Probleme an: Das Musikalische war denen völlig egal. Was zählte, war der nächste Hit oder was sie dafür hielten. Irgendwann hatte ich es nur noch mit Anzugtypen zu tun, die mir sagten, welche Musik ich zu singen habe“; erzählte er „Der Neuen Musikzeitung“ mal im Interview. Also: Zurück zu den Wurzeln.

Mit Entertainer-QualitätenAnfang 2022 hat der Gute mit „This Life“ ein neues Album herausgebracht, ein Best-Of, aber kein klassisches. Stigers hat seine größten Hits in ein Soft-Jazz-Gewand verkleidet, sehr gefällig. Den größten Teil des Programms in Worms bestreitet er denn auch mit Titeln aus dieser Kompilation, dazu gibt es ein paar starke Cover. „Summertime“, der meistgecoverte Jazz-Standard aller Zeiten, ist dabei – und passt natürlich allein ob der Temperaturen besser als „Keep Me From The Cold“, das es ebenfalls auf die Setlist schafft. Auch Leonard Cohens „Tonight Will Be Fine“ oder Bob Dylans „Things Have Changed“ erweist Stigers die Ehre. Das gefällt.

Ode an die Tochter

Stigers glänzt an diesem Abend in Worms aber nicht nur mit seiner rauchigen, ausdrucksstarken Stimme oder seinem Saxofon-Spiel, sondern auch mit Entertainer-Qualitäten. Immer wieder kommt er ins Plaudern, ist dabei herrlich selbstironisch. „Diesen Song widme ich seit 23 Jahren meinem Baby Girl, meiner Tochter. Ich singe ihn jeden Abend. Dabei ist sie längst kein Baby mehr, sondern geht aufs College. Aber: Sie kommt immer wieder zurück. Spätestens wenn das Geld aus ist“, ulkt er in der Anmoderation des Songs „Don’t Go Far“. 

Die anderthalb Stunden, die Stigers auf der Bühne performt, gehen viel zu schnell zu Ende. Schön, dass aber Zeit genug für „John The Revelator“ und „This Life“ geblieben ist, zwei Nummern, die Stigers einst für die US-Serie „Sons of Anarchy“ geschrieben hatte. Kannten die meisten Wormser offenbar zunächst nicht, sie lassen sich aber dennoch vom Gehörten mitreißen.

Zum Schluss: ein Medley als Zugabe, Count Basies „Sent For You Yesterday“ und Nat King Coles „Ev’ry Day“, danach die Bitte von Stigers, sich doch auf seiner Webseite in seine Mailingliste einzutragen: „Ein, zwei Mal im Monat trinke ich dann zu viel Wein und schreibe euch alle persönlich an.“

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