Bibiza (foto: Fiege)

Live: Bibiza in Mannheim – Seid’s keine Oarschlöcher!

Es funkelt ein neuer Stern am Austro-Pop-Himmel. Bibiza schickt sich an, in die großen Fußstapfen von Bilderbuch und Falco zu treten. Dass er das Potenzial hat, diese auch wirklich auszufüllen, das hat er am Sonntagabend in der gut gefüllten Alten Feuerwache in Mannheim bewiesen.

Es mag in seinen Liedern zwar oft und viel um Rausch, Enthemmung und Dekadenz gehen, eine Entschuldigung für schlechtes Benehmen im Auditorium ist das aber nicht. Bibiza legt an diesem Sonntagabend in Mannheim denn auch erst einmal Grundregeln fest, die die Zuschauer bitte einhalten mögen. Die eine besagt, dass man jenen helfen solle, denen es nicht gut geht. Gesundheit geht vor. Und die zweite Regel richtet Bibiza vor allem an die Herren im Publikum: „Seid’s keine Oarschlöcher.“ Will heißen: Grabschgriffel bitte bei sich lassen, und auf die Awareness-Stelle ganz hinten im Saal wird dabei auch noch gleich verwiesen.

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Zwei Regeln, auf die man sich im Publikum nicht nur ohne Gegenrede einigen konnte, sondern die auch elegant zu einem der Glanzlichter des Abends überleiteten: die neue Single „Tanzen“, in der Bibiza eben genau dieses Thema besingt: aufdringliche Männer. „Sie will einfach tanzen/Nächtelang tanzen/Mit Fremden und Bekannten/Es kommt nicht drauf an/ Ich glaub, er hat das jetzt verstanden/Es geht ihr ums Tanzen/Und wenn sie tanzt/Dann sprich sie nicht an“, singt Bibiza, und das Publikum scheint jedes Wort auswendig zu können. Wie bei so vielen Songs an diesem Abend.

Erst Wien, dann die Welt

Bibiza, der eigentlich Franz Bibiza heißt, ist ein Phänomen. Und auch wenn es so scheint, als sei er irgendwie einfach plötzlich da gewesen, so hat sich der Erfolg nicht über Nacht eingestellt. Bibiza hat sich seine Fanbase Stück für Stück aufgebaut, hat zunächst die Wiener Musikszene für sich eingenommen, mit viel Do-it-yourself-Geist,  Netzwerk-Geschick und Fleiß. Stolze sechs Alben sind seit seinem Erstlingswerk im Jahr 2019 erschienen, die  letzten drei bei Columbia. Bibiza glaubt an das Format, ist ein Storyteller, seine Alben haben rote Fäden. Er wolle gegen „die schreckliche Single-Kultur anarbeiten“, die so viele Künstler seiner Altersklasse (Bibiza ist Jahrgang 1999) pflegen, sagte er neulich in einem Interview mit „Radio Eins“.

Wirklich Aufmerksamkeit haben „Wiener Schickeria“ (2023; Platz sechs in österreichischen Charts; Platz 46 in Deutschland) und, ganz aktuell, „Bis einer weint“ (2024; Platz drei in Österreich, Platz 27 in Deutschland) auf sich gezogen. Und so ist es kein allzu großes Wunder, dass sich die Setlist an diesem Abend in Mannheim auch vor allem auf diese beiden Alben stützt.

Immer wieder Kokain

Sicher, es geht viel um Drogen in den Songs. „Dreh drei Runden am Opernring/Zwei schöne Damen und Kokain/Ich zieh das durch, bis ich groß verdien/Und hör erst auf wenn ich Opa bin“, singt er im „Opernring Blues“. Auch in „Discoschnupfen“ oder „Check in/Check out“ schneit es kräftig – im übertragenen Sinn, freilich. Dabei kokettiert Bibiza natürlich mit diesem Wiener Image, dieser Mischung aus Party, Dekadenz und Morbidität, das Schillernde und Schattenseitige gehören zum Wiener Charme einfach dazu.

Reduzieren sollte man Bibiza auf solche Titel allerdings nicht. Der junge Musiker kann auch politisch sein. In „Donau“ verhandelt er etwa den Klimawandel, in „Luxusparese“ die europäische Flüchtlingspolitik. Mehrfach hallen an diesem Abend Sprechchöre gegen die AfD durch die Alte Feuerwache, auch hier sind sich Publikum und Künstler einig.

Musikalisch ist Bibiza durchaus vielseitig aufgestellt. Man hört vieles raus, die frühen The-Cure- und Red-Hot-Chili-Peppers-Einflüsse ebenso wie den Deutsch-Rap und natürlich die Wiener Helden, von Wanda über Bilderbuch bis hin zu, klar, Falco. 

Gleich drei Zugaben gibt es am Ende, den bereits erwähnten „Opernring Blues“, „Femme fatale“ und zum Abschluss „Gute Nacht“. Der krönende Abschluss unter eine rauschende Party, die am Ende noch so manchen Konzertgast  zum Besuch beim Merchandising-Stand inspirierte. Auch an dem zeigte sich der gute Bibiza übrigens äußerst kreativ. Taschentücher mit Bibiza-Verpackung (das Motto ist schließlich: „Bis einer weint“) für stolze fünf Euro: Da dürfte auch den unangefochtenen Merch-Königen von Kiss so richtig warm ums Herz werden. Bled isser ned, der Bibiza.

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