Heinz Strunk (foto: Dennis Dirksen)

Live: Heinz Strunk in Mannheim – Hommage an Thomas Mann

Lakonisch. So kann man die Lesung von Heinz Strunk in der Alten Feuerwache wohl am besten beschreiben. Der Autor hielt sich am Dienstag nicht mit Nebensächlichkeiten auf, als er  seinen „Zauberberg 2“ vorstellte.

Keine Frage: Es gehört eine gewisse Breitbeinigkeit dazu, im Jahr 2024 einen Roman zu veröffentlichen und diesen „Zauberberg 2“ zu nennen. Doch als Provokation hatte Heinz Strunk das nach eigenen Angaben gar nicht gedacht. Sicher, die an „Terminator 2“ angelehnte Typographie auf dem Buch-Cover, die soll den Betrachter schon ein bisschen kitzeln. Das Buch selbst ist aber in den Augen Strunks eher eine Verbeugung, eher eine Hommage an Thomas Manns „Zauberberg“ denn eine Verhohnepipelung desselben. Er wollte eine moderne, zeitgenössische Fassung dieses Jahrhundertromans abliefern. Und das pünktlich zum 100. Geburtstag des Originals. Es gab nicht wenige, die bei der Ankündigung des Vorhabens unkten: Ob sich der gute Heinz da mal nicht verhoben hat?

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Für die Neuinterpretation hat Strunk den Schauplatz von den Schweizer Bergen ins sumpfige Ostsee-Hinterland verlegt, das Grenzgebiet zu Polen. Und dort spielt die Handlung auch nicht mehr in einer Lungenklinik, wie im Original, sondern einer Klinik für psychische Erkrankungen.  Aus Hans Castorp wird bei Strunk Jonas Heidbrink. Der ist auf dem Papier eigentlich ein Erfolgstyp, den keinerlei finanzielle Sorgen plagen, seit er sein Start-Up-Unternehmen verkauft und damit mehr als nur ausgesorgt hat. Dennoch aber leidet Heidbrink psychisch. Daher zieht es ihn hilfesuchend in die mecklenburgische Einöde, in ein von Sümpfen umgebene  Sanatorium.  Heidbrink findet sich schnell in einer von Visiten, Mahlzeiten und Anwendungen dominierten Tagesstruktur wieder. Er fremdelt zwar, sowohl mit dem Personal als auch mit den anderen Patienten, und doch übt dieser Ort eine seltsame Anziehung auf ihn aus. Und so wird aus dem eigentlich geplanten Monat, den er in der Einrichtung verbringen will, ein stolzes Jahr …

Den „Zauberberg 2“ eingedampft

Man hat das Buch am besten vorab gelesen, wenn man in eine Lesung von Heinz Strunk geht. Das dürfte nicht so schwer fallen, immerhin hat sein Roman auch nur knapp 300 Seiten und nicht 1000 wie das Thomas-Mann-Werk. Zumindest aber sollte man eine grobe Vorstellung vom Inhalt haben. Denn sonst fällt es einem schwer, Strunk zu folgen. Der Autor, der unter anderem „Fleisch ist mein Gemüse“, „Der goldene Handschuh“ oder „Ein Sommer in Niendorf“ schrieb, nimmt live nämlich keine Gefangenen. Für seinen Auftritt in der Alten Feuerwache hat sich der 63-Jährige  nicht einfach ein paar exemplarische Passagen oder Kapitel zurechtgelegt, aus denen er dem Publikum vorlas. Nein, er hat sein Buch noch mal stark eingedampft und galoppierte mit den Zuhörern durch die gesamte Handlung. Strunk las unheimlich schnell, ratterte den Text nur so runter und nuschelte obendrein noch kräftig. Ein paar Anekdoten links und rechts der Geschichte? Interessante Hintergründe? Eine Diskussion oder wenigstens etwas Geplänkel mit dem Publikum?  Fehlanzeige. Immerhin gab es am Ende ein Flötensolo.

Und einen Ausblick. Denn Strunk hat schon die nächsten Projekte in den Startlöchern, wie er nach der Lesung, sozusagen als Zugabe, berichtete. Mit „Kein Geld Kein Glück Kein Sprit“ kommt schon im Juli eine Kurzgeschichtensammlung aus seiner Feder auf dem Markt. Im Herbst soll der Comic-Band „Graf Fauchi und das verschwundene Gebiss“ folgen.

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