Erst Außenseiter, dann gefeierter Modernisierer des Neo-Soul: Der südafrikanische Musiker Nakhane hat in seinem jungen Leben schon viele Perspektiven eingenommen.
Nein, als homosexueller Mann in Südafrika hat man es wirklich nicht leicht. Geboren in der südafrikanischen Kleinstadt Alice und aufgewachsen in der Metropole Port Elizabeth, spielt die Seelenpein, die Nakhane in seinen jungen Jahren durchleiden musste, in seiner Musik eine große Rolle. „Als ich noch ein bekennender Christ war und jeden Tag zu Gott betete, war ich voller Selbsthass. Jeden Tag meines Lebens habe ich verzweifelt versucht, alles zu tun, um wie die anderen Menschen zu sein und heterosexuell zu fühlen. Ich habe mich sogar irgendwie davon überzeugen lassen, es wäre möglich, meine Homosexualität zu ‚heilen‘. Ich habe ständig in Angst gelebt, meine Gefühle eines Tages nicht mehr kontrollieren zu können.“
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Einen gewissen Eskapismus bietet ihm die Musik. Schon seit frühester Kindheit musiziert der Sohn einer Künstler- und Musikerfamilie mit seiner Mutter, seinen Schwestern und Tanten – eine ganz besondere Form der Magie, die den Xhosa (nach den Zulu die zweitgrößte ethnische Gruppe in Südafrika) etwas von Scham und Angst befreite. „Plötzlich konnte ich auf der Bühne genau derjenige sein, der ich sein wollte. Ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl“, das sich auch auf seinem 2013 nur in Südafrika veröffentlichten Albumdebüt „Brave Confusion“ widerspiegelt, auf dem es um die Emotionspalette zwischen Selbstgeißelung und Selbstermächtigung geht.
2015 landet Nakhane, der sich nach Jahren als Folk-Singer-Songwriter mehr und mehr elektronischen Spielereien öffnet, mit DJ Black Coffee einen Club-Hit.
Dass er nicht nur ein äußerst talentierter Musiker, sondern auch ein guter Schauspieler ist, stellt er als Hauptdarsteller in dem bahnbrechenden südafrikanischen Film „The Wound“ (2017) unter Beweis. Ein Filmdrama, das rituelle Beschneidung und Homosexualität zum Thema hat, und sogar auf der Oscar-Shortlist als „Best Foreign Film“ landet.
In Europa wird man erst 2018 auf den jungen Mann aufmerksam, als dieser sein zweites Album „You Will Not Die“ veröffentlicht. Nachdem er sich nach seinem Coming-Out vom Urteil seiner Umwelt emanzipiert hatte, macht er sich nun frei von einer weiteren, belastenden Bürde: seinem christlichen Glauben. Eine Entscheidung, die auf einem Traum basiert, der auch als Inspiration für den Albumtitel diente. „Eines Nachts träumte ich, dass mir eine Stimme mein Todesdatum verriet. Ich will nicht verraten, wie dieses Datum genau lautetet. Aber nachdem ich eine ganze Ewigkeit mit panischer Angst vor einer göttlichen Strafe leben musste, war das wie eine Befreiung. Ich konnte plötzlich sicher sein, nicht am nächsten Tag zu sterben und auch nicht in zehn Jahren. Also beschloss ich, diese verlorene Zeit irgendwie wieder gut zu machen und endlich das Leben zu führen, das ich schon immer führen wollte.“ Ein Aspekt dieser kompletten Lebensumstellung: Nakhane hörte auf, zu Gott zu beten. Das hatte er zuvor täglich gemacht. Für das Album wird Nakhane weltweit von Kritikern gefeiert.
DISCOGRAPHY
2013: Brave Confusion
2018: You Will Not Die
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