Unermüdlich: Sparks, die Brüder Ron und Russell Mael, haben mit „MAD!“ ihr nunmehr 26. Studioalbum veröffentlicht. Darauf klingen die beiden so frisch wie lange nicht.
Seit mehr als 50 Jahren lassen Sparks die Funken fliegen – und gehörten dabei immer auch zur Speerspitze des Pop. Nur wenige Künstler haben die populäre Musik der letzten Jahrzehnte so stark beeinflusst. Und nur wenige waren dabei stets so innovativ unterwegs wie die Gebrüder Mael, die immerhin beide jetzt schon stramm auf die 80 zugehen. In den Jahrzehnten seit ihrem von Todd Rundgren produzierten Debüt im Jahr 1972 hat sich das Duo durch zahlreiche Genres und Phasen bewegt, darunter Art-Glam, Neo-Charleston, Electronic Disco (im Wesentlichen die Erfindung des Synth-Duos), Synthpop, Sampler-Oper und Filmmusicals. You name it! Die einzige Konstante, die sich durch alle Dekaden zieht, sind der Witz von Rons Texten und die Komplexität seiner Arrangements sowie Russells wunderbare Stimme.
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Und obwohl die Band nun schon ein paar Montage dabei ist, ist sie immer umtriebig geblieben. 2023 erschien mit „The Girl Is Crying In Her Latte“ das bis dato letzte reguläre Sparks-Studioalbum, die Platte erreichte – wie auch die Vorgänger „Hippopotamus“ (2017) und „A Steady Drip, Drip, Drip“ (2020) – Platz sieben der UK-Charts. 2024 kam dann „Annette – An Opera By Sparks (The Original 2013 Recordings) auf den Markt – und jetzt legen Ron und Russell „Mad!“, Studioalbum Nummer 26 nach. Und zwar nicht wie gewohnt auf Island Records, sondern auf Transgressive Records.
Verrückte Welt
Der Albumtitel: er ist Programm. Ein besserer Titel kann einem angesichts der Weltlage, mit der sich Sparks hier auch auseinandersetzen, eigentlich auch nicht einfallen. Die gleiche einem Albtraum, wie sie in dem rockigeren „Hit Me, Baby“ postulieren: „Hit Me Baby, I beg of you … I gotta wake up, this cannot be true … Nightmare seems so real and yet … It’s getting weirder, getting weirder yet.“ Direkt an Trump (dem sie 2020 schon den Song „Please Don’t Fuck Up My World“ widmeten) scheint eine Zeile des experimentellen Openers „Do Things My Owen Way“ gerichtet zu sein: „Saw the Pope … Told him, ’nope‘ … Gonna do things my own way“. Lässt sich aber auch als Manifest für die Maels selbst lesen, die ja auch schon immer das gemacht haben, was sie für richtig hielten. Bei „Running Up a Tab At the Hotel For the Fab“ kriegen die Reichen ganz generell ihr Fett weg.
„Drowned In A Sea Of Tears“ (das Glanzlicht der Platte!), „JanSport Backpack“ (ein Rucksack als Symbol gescheiterter Beziehungen – eine wunderbare Metapher!), „My Devotion“ (80’s to the core!) und der Closer, die Ballade „Lord Have Mercy“ (mit Sparks-untypischem Gitarrensolo!) – tief empfundene Beobachtungen über anhaltende oder schwindende Liebe – stehen einer Ode an eine kalifornische Autobahn in „I-405 Rules“, der Frustration einer „Long Red Light“ und dem motivierenden Werk „Don’t Dog It“ gegenüber.
Musikalisch wird dabei wieder breit aufgefahren. Alles kann, nichts muss. New Wave, Synthpop, Glam, Art Rock und elektronische Oper – alles dabei. Genres, bei denen Sparks Wegbereiter waren. Dass Sparks dabei nicht selbst-referenziell, sondern frisch klingen: schon ein Kunststück. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
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