31 Jahre nach ihrem Debütalbum legen Bush mit „I Beat Loneliness“ Studioalbum Nummer zehn vor. Auf der Platte versucht sich Bush-Chef Gavin Rossdale als Chronist der menschlichen Verfassung.
Mit Bush ist es so eine Sache. Seit 1992 ist die Rock-Kapelle um Frontmann Gavin Rossdale nun schon am Start. Und von Beginn an waren die Briten auf der anderen Seite des Teichs viel erfolgreicher als in ihrer Heimat. In den USA traf die Band mit ihrem Debütalbum „Sixteen Stone“ in den frühen 1990er Jahren einen Nerv, ihr Stil, geprägt vom Grunge- und Alternative-Rock-Sound der Zeit, war dort gerade unheimlich populär. Seither gelten den Briten ihre Landsmänner irgendwie als zu amerikanisch, auf der Insel sind Rossdale und Kollegen nach wie vor eher eine Randnotiz. Der Rest der Welt greift bei einem neuen Bush-Album aber gerne zu. Mehr als 25 Millionen Tonträger hat die Band in ihrer Karriere bisher abgesetzt.
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Nostalgische Anwandlungen erlaubt
Nun legen Bush Album Nummer zehn nach. „I Beat Loneliness“ heißt das gute Stück – und befasst sich mit dem derzeit allgegenwärtigen Thema „Mental Health“. Und das kam so: „Ich war in einem konstanten Geisteszustand, habe mein Leben beobachtet, wo ich stehe, was ich bei den Menschen um mich herum sehe“, erklärt Rossdale. „In meinem Algorithmus tauchen Selbsthilfe-Gurus, achtsame Philosophen, Therapeuten und Sozialkommentatoren auf. Du hast auf deinem Handy ein brillantes Buffet all der Dinge, die dich interessieren.“ Und er fügt hinzu: „Plus Tattoos und Kochen!“ Das alles findet aber im Kontext einer zerrissenen Welt statt, die von Isolation, Missverständnissen und Spaltung geprägt ist. Selbstverletzung, Selbstmedikation und fragile psychische Gesundheit sind verbreitet. Wie Rossdale es ausdrückt: „Jeder geht durch etwas und jeder muss damit umgehen.“ Genau diese Haltung steht im Zentrum von Bushs neuem Werk. Der Blick wandert also von außen (das letzte Album war politischer) nach innen.
Rossdale legte den Grundstein für die neue Platte Anfang 2024, schrieb den Großteil in seinem Homestudio – noch vor der Veröffentlichung von „Loaded: The Greatest Hits 1994–2023“ und der begleitenden 30-Jahre-Jubiläumstour im vergangenen Jahr. Am Ende sind so zwölf neue Songs entstanden, die uns Rossdale (Gesang, Gitarre), Chris Traynor (Gitarre), Corey Britz (Bass) und Nik Hughes (Schlagzeug) hier kredenzen (mit tatkräftiger Unterstützung des Produzenten Erik Ron). Zwölf Songs, die musikalisch durchaus an die Vorgänger „The Art Of Survival“ (2022) und „The Kingdom“ (2020) anknüpfen. Das ist vor allem frisch wirkender Hard Rock, der aber auch die Vergangenheit nicht verleugnet und den einen oder anderen nostalgischen Moment zulässt.
Die ruhigeren Nummern sind die Highlights
Part eins der Platte ist dabei etwas härter geraten. Der Opener „Scars“ mäandert irgendwo zwischen Grunge und Metal, der darauffolgende, wuchtige Titeltrack ist dann eher im Metal-Sound der frühen Nuller Jahre angesiedelt. Bei dem düstereren „The Land of Milk and Honey“ stehen dann die Synths im Vordergrund, und auch in „Footsteps in the Sand“ spielen sie eine größere Rolle. Ein gelungener Kontrast zu eher wütenden Songs wie „60 Ways To Forget People“.
Im zweiten Teil des Albums nimmt die Band dann etwas den Fuß vom Gas, wartet hier mit eher balladesken Nummern wie „Don’t Be Afraid“, „Everyone Is Broken“ oder „Rebel With A Cause“ auf. In diesen zurückgenommenen Passagen beweist Rossdale, der mit seiner Stimme immer noch so viel Emotion transportieren kann, sein Talent für erhebende Melodien – zweifellos die Glanzlichter der neuen Bush-Platte, die – so ehrlich muss man sein – leider auch mit ein paar textlichen Ausrutschern (etwa „I Am Here To Safe Your Life“) um die Ecke kommt.
„Musikalisch will ich so hart wie möglich sein und gleichzeitig so sanft wie möglich“, erklärt Rossdale. „Es ist das Spiel von Festhalten und Loslassen im Leben, und wir brauchen diese Momente des Loslassens. Jeder hat FOMO, jeder denkt, er sei unzureichend oder liefere nicht das, was andere liefern – und hat Angst davor. Die Menschen kämpfen.“
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