Wieland Schwanebeck - Der Weiße Hai revisited (foto: Bertz + Fischer)

Wieland Schwanenbeck (Hrsg.) – Der Weiße Hai revisited

Erscheinungsdatum
April 28, 2025
Verlag
Bertz + Fischer
Unsere Wertung
8

Steven Spielbergs bahnbrechender Horrorfilm „Jaws“ (Der Weiße Hai) feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Wieland Schwanenbecks Buch „Der Weiße Hai revisisted“ wird zu diesem Anlass eine erweiterte, zweite Auflage spendiert. Mehrere Autoren und Autorinnen gehen in dem Werk dem popkulturellen Phänomen wissenschaftlich auf den Grund.

Keine Frage: „Jaws“ (1975) ist ein Meilenstein des Kinos. Eines der erfolgreichsten und wichtigsten Werke der US-amerikanischen Filmgeschichte. Der auf dem gleichnamigen Buch von Peter Benchley basierende Horrorfilm spielte seinerzeit weltweit fast eine halbe Milliarde US-Dollar ein. Auch dank innovativer Marketingstrategien, klar, aber auch weil der Stoff verfing.

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In „Jaws“ geht es um einen menschenfressenden Weißen Hai, der eines Sommers den Badeort Amity an der amerikanischen Ostküste heimsucht. Schon nachdem die erste Schwimmerin getötet wird, fordert Polizeichef Martin Brody (Roy Scheider) eine umgehende Schließung der Strände. Bürgermeister Vaughn (Murray Hamilton) stellt sich diesem Vorhaben aber in den Weg, weil er Angst um das Tourismusgeschäft hat. Immerhin steht der 4. Juli vor der Tür, an dem viele Gäste erwartet – und in Amity die Kasse klingen lassen werden. Als der Hai aber am nächsten Tag einen Jungen tötet und die trauernde Mutter die Medien einschaltet, kommt die Stadtverwaltung nicht umhin, Maßnahmen zu ergreifen. Letztlich ist es an Polizeichef Brody, dem Haijäger Quint (Robert Shaw) und Matt Hopper (Richard Dreyfuss) vom Ozeanografischen Institut, dem Hai den Garaus zu machen.

Nervenaufreibender Dreh

Ein Hai als Antagonist? Das gab es bis „Jaws“ noch nie. Entsprechend konnten die Filmemacher auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen, alles musste sich irgendwie erarbeitet werden. Gerade technisch ging bei dem Dreh so viel schief, dass es Steven Spielberg den letzten Nerv raubte. Die Hai-Attrappe, „Bruce“ getauft, funktionierte nicht so recht, mal begann der Hai zu schielen, mal lief er grundlos auf Grund, dann bewegte er sich nicht so, wie er sollte.  Das Salzwasser machte der Mechanik zu schaffen. Die ständigen Probleme mit dem Hai, der immerhin hervorragend aussah (gute Arbeit von Special-Effects-Experte Robert Mattey), sorgten mit dafür, dass aus den ursprünglich geplanten 55 Drehtagen  159 wurden. Auch der Kniff, den Hai nur selten im Film zu sehen, ist eher technischen als dramaturgischen Gründen geschuldet.

Am Ende hatten sich all die Mühen gelohnt. „Der Weiße Hai“ ist bis heute brillanter Unterhaltungsstoff, eine perfekte Mischung aus Horror- und Abenteuerfilm (mit unübersehbaren Anleihen aus der christlichen Mythologie wie auch der amerikanischen Kulturgeschichte). Bis heute ist der Film der Gold-Standard, wenn es um Tier-Horror geht – und bis heute ist er als eben solcher unerreicht. Weil er eben auch so viel mehr war als der Anfang des Sommer-Blockbuster-Kinos, weil er eben auch eine gewisse Tiefe (no pun intended) hatte, noch Spuren des kritischen New-Hollywood-Kinos aufwies – und 50 Jahre später immer noch zu Debatten einlädt. Wer will, findet hier nicht nur einen menschenfressenden Hai, sondern auch Kapitalismuskritik, die Thematisierung von Paranoia und Traumata. die unter der Oberfläche der US-Gesellschaft lauerten. Und Fragen nach der Idee von Männlichkeit werden in „Jaws“ ebenfalls gestellt.

Ergänzte zweite Auflage

Themen, die sich natürlich auch in „Der Weiße Hai revisisted“wiederfinden. Das Werk, von Literatur- und Kulturwissenschaftler Wieland Schwanebeck herausgegeben, versteht sich als kritische Würdigung des Spielberg-Meisterwerks. Erstmals 2015 erschienen, kommt es nun in erweiterter, zweiter Auflage daher. Das neue sechsseitige und überaus interessante Nachwort erzählt ­unter anderem von JAWS-Lego-Sets, -Kartenspielen und -Theaterstücken und erörtert, was der Bürgermeister im Film mit Donald Trump zu tun hat.

Es ist die einzige Änderung gegenüber der Erstauflage. Was nichts Schlechtes ist, denn auch „das Original“ überzeugt textlich und inhaltlich. Die Beiträge haben nichts von ihrem Informationsgehalt verloren. Das Buch beleuchtet in 22 Artikeln (aufgeteilt in sieben Kapitel), wie „Jaws“ die Film- und Kulturgeschichte beeinflusst hat. Es versucht, unterschiedliche Interpretationen zusammenzuführen und neue Perspektiven aufzuzeigen. Dazu versammelt es Beiträge verschiedener Autoren über die Produktionsgeschichte des Films, seine historische Bedeutung im US-Kino, die von ihm aufgegriffenen Genremuster und die Filmmusik; hinzu kommen vertiefende Interpretationen etwa aus genderkritischer, psychoanalytischer und politischer Perspektive. Die Texte stammen von Film- und Kulturwissenschaftlern, Journalisten und Publizisten, sind dabei sowohl stilistisch als auch in Sachen Komplexität recht unterschiedlicher Natur. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Sie sind überaus lesenswert.

Lesezeichen

Wieland Schwanebeck – Der Weiße Hai revisited: Steven Spielbergs JAWS und die Geburt eines amerikanischen Albtraums. Bertz + Fischer, 2025 (2. Auflage). 280 Seiten.

8
Ungeheuer informativ.
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