Tanita Tikaram - LIAR (foto: Cooking Vinyl)

Tanita Tikaram – LIAR (Love Isn’t A Right)

Erscheinungsdatum
Oktober 10, 2025
Label
Cooking Vinyl
Unsere Wertung
9

Sequel gefällig? 37 Jahre nach ihrem Erfolgsalbum „Ancient Heart“ legt die britische Sängerin Tanita Tikaram mit „LIAR (Love Isn’t A Right)“ eine Art musikalische Fortsetzung vor.

Keine Frage: Die Welt war verblüfft. Konnte das wirklich sein? Konnte es wirklich sein, dass all diese Lieder auf „Ancient Heart“, diese melancholischen, erwachsenen, geheimnisvollen und einnehmenden Songs, tatsächlich von einer gerade Mal 19 Jahre alten Künstlerin stammten? Ja, das konnte nicht nur sein, das war auch so. Tanita Tikaram, in Münster als Tochter eines britischen Soldaten (mit Wurzeln im Indo-Fiji-Raum) und einer malaysischen Mutter geboren, schrieb alle Songs ihres Erstlings selbst. Und das mit Erfolg. „Good Tradition“ und „Twist in My Sobriety“, die beiden ersten Single-Auskopplungen, stürmten in den meisten europäischen Ländern die Top 10. Weltweit verkaufte sich das Album vier Millionen Mal. In Deutschland ging die Platte auf Platz eins, ebenso in Österreich, Griechenland, Norwegen und der Schweiz. In der britischen Heimat landete das Meisterwerk immerhin auf Platz drei.

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Konservieren konnte Tanita Tikaram, die Singer-Songwriterin mit der markanten, dunklen, rauchigen Stimme, diesen frühen kommerziellen Erfolg nicht. Und das, obwohl sie das Eisen schmiedete, solange es heiß war, in schneller Folge drei weitere Alben veröffentlichte: „The Sweeter Keeper“ (1990), „Everybody’s Angel“ (1991) und „Eleven Kinds Of Loneliness“ (1992), wobei letztgenanntes nicht mal mehr in den Charts landete. Dennoch: eine treue Schar an Anhängern blieb der Künstlerin gegenüber loyal. Tikaram veröffentlicht immer noch Alben, auch wenn die Abstände zwischendurch auch mal größer sind.

Fremd im eigenen Land

Nun also: der nächste Streich. „LIAR“, Studioalbum Nummer zehn. Chronologisch der Nachfolger von „Closer to the People“ aus dem Jahr 2016, angekündigt aber als der Nachfolger von „Ancient Heart“. Kein Marketinggefasel, sondern tatsächlich inhaltlich begründet. Als „Ancient Heart“ 1988 veröffentlicht wurde, erzählte es die Geschichte einer unsicheren 18-jährigen BIPOC und lesbischen Frau, die in Mittelengland lebte und sich in ihrem eigenen Zuhause wie eine Fremde fühlte. Fast 40 Jahre später fühlt sich dieselbe Frau in ihrem eigenen Land wieder wie eine Fremde, da Politik und Gesellschaft immer mehr polarisieren. „LIAR (Love Is A Right)“ – der Titel ist an Molly Drakes „Love Isn’t A Right“ angelehnt, das Tikaram hier auch covert – schließt sozusagen den traurigen Kreis, will ein Kommentar zur Gemeinschaft und ihrer Bedeutung für unsere gemeinsame Zukunft sein.

Produziert wurde die neue Platte von Andy Monaghan (Frightened Rabbit) und aufgenommen im Gorbals Studio in Glasgow. Dabei gingen Tikaram Helen O’Hara (Violine – The Charlatans/Dexys Midnight Runners), Marc Pell (Schlagzeug – Mount Kimbie), Zosia Jagodzinska (Cello), Lewis McLaughlin (Gitarre), Chris Roberts (Gitarre – Filkin’s Drift) und Bartek Glowacki (Akkordeon) zur Hand.

So klingt die neue Platte

Der Sound: melancholisch, zurückhaltend, erdig, ganz so, wie man es von Tikaram kennt. Cello, Gitarren, Akkordeon, Streicher – die Britin setzt auf Kammer-Pop und Tiefe. So sind einige Song-Perlen entstanden. Der vom Latin-Sound beeinflusste Opener „Turn The Lights Down Low“ feiert die Verliebten der späten Nacht, die immer noch trotzig nach der Party suchen, während die Welt um sie herum zusammenbricht. „Lover Don’t Come Around“ wurde während des Lockdowns mit einer Nostalgie für den einfacheren britischen Pop der 1960er Jahre geschrieben, mit dem Tikaram aufgewachsen ist und den sie aus der Plattensammlung ihrer Eltern gehört hat, während „Sailboats“ von dem bittersüßen Moment handelt, in dem man sich von seinem jüngeren Ich verabschiedet und erkennt, dass es endgültig ist und man nie wieder diese junge Frau sein wird.

Oder: „This Perfect Friend“. Das Uptempo-Lied beschäftigt sich mit Themen wie urbaner Einsamkeit und der Fragmentierung der Gesellschaft und des Selbst. „Wie kann man wissen, ob man jemandem vertrauen kann? Wenn die Parameter und Vorstellungen davon, was richtig und falsch ist, ständig verschoben werden? Kann man sich selbst oder der Welt um sich herum wirklich vertrauen?“, erklärt Tanita.

Der schnellste Song der Platte

Spannend: Bei „Fais Moi La Solitude“ versucht sich Tanita zum Teil im Französischen (ihre Partnerin ist Belgierin). Auch „Fear and Chills“ ist ein Glanzlicht. Die ebenso komplexe wie traurige Nummer handelt von der Sehnsucht nach etwas, das man niemals haben kann, für manche ist das etwas Persönliches, für andere etwas Politisches. Tanita kommentiert: „Fear and Chills entstand aus meiner Faszination dafür, wie Künstler in den 1970er Jahren, fast zwei Jahrzehnte nach seiner Entstehung, den Rock ’n’ Roll neu erfanden: David Essex’ beunruhigend karges ,Rock On‘ und Billy Swans grüblerisch-hypnotische Interpretation von ,Don’t Be Cruel‘. Von der Idee bis zur Fertigstellung war es der schnellste Song des Albums.“

Etwas Optimismus verbreitet Tikaram dann aber auch. „I See A Morning“, ein Schlüsselstück der Platte, vertreibt die dunklen Wolken des Albums, lässt Licht durch sie hindurch brechen. Tanita Tikaram sagte: „Wir leben in einer Zeit, in der grundlegende Freiheiten weltweit bedroht sind, geprägt von einer beängstigenden Normalisierung von Gewalt, extremer Ungleichheit und autoritären Regierungen.“ Als Einzelperson könne es schwierig sein, positiv zu denken, aber es gebe Hoffnung in der Art und Weise, wie Menschen sich zusammenschließen, um diese Ideen in Frage zu stellen und für eine Welt zu kämpfen, die auf Mitgefühl und sozialer Gerechtigkeit basiert, so die Künstlerin, und weiter: „Die Vorstellung, dass wir besser sein können, finde ich zutiefst bewegend, und darum geht es in „I See a Morning“. Ein Song, den Tikaram zur Zeit gerne als Closer für ihre Shows verwendet.

Anspieltipps
Turn the Lights Down Low
Fear and Chills
This Perfect Friend
Sailboats
Lover Don't Come Around
I See A Morning
9
Wunderschön.
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