Michael Behrendt - Verhört, verkannt, vereinnahmt (foto: Reclam)

Michael Behrendt – Verhört, verkannt, vereinnahmt: 99 1/2 missverstandene Songs

Erscheinungsdatum
Oktober 15, 2025
Verlag
Reclam
Unsere Wertung
7

Haben Sie sich schon mal so richtig blamiert, weil Sie einen Song komplett falsch verstanden haben? Nach der Lektüre von Michael Behrendts „Verhört, verkannt, vereinnahmt: 99 1/2 missverstandene Songs“ sollte Ihnen das so schnell nicht mehr passieren.

Michael Behrendt ist einer, der genau hinhört. Vor allem. wenn es um Musik geht. Wenn andere sich einfach von Liedern berieseln lassen, spitzt Behrendt die Ohren – und achtet genau auf den Text. Und stolpert deswegen nicht in die eine oder andere Falle, wie so viele andere Musikhörer. Ist ja schnell mal passiert, das man einen Song missversteht – und je nachdem, kann das unschöne Konsequenzen nach sich ziehen. Im günstigsten Fall wird man vom eigenen Freundeskreis ob des Auf-der-Leitung-Stehens ausgelacht. Im schlimmsten Fall verantwortet man den Wahlkampf eines Politikers und vergreift sich an einem Song, der genau das Gegenteil von dem ausdrückt, was man eigentlich sagen will.

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Wer zu diesem Buch greift, wird in Zukunft wohl genauer hinhören. Michael Behrendt, Jahrgang 1959, schärft hier auf unterhaltsame Art und Weise die Sinne. Mit Lust an Musik und Lyrics führt der freiberufliche Lektor, Redakteur (PIER F Magazin), Musikjournalist und Sachbuchautor durch die wundersame Welt der missverstandenen Songs. Die Bandbreite reicht dabei vom unbeabsichtigten Falschverstehen bis hin zur gezielten „Songmisshandlung“, wie er es im Klappentext nennt.

Letzteres ist oft politisch motiviert, klar. Ersteres, das harmlose Missverstehen, ist hingegen schnell passiert. Es ist keine Seltenheit, das Menschen Lyrics unterschiedlich interpretieren, selbst wenn diese gar nicht so codiert daher kommen. Das hat etwas mit der persönlichen Sozialisierung zu tun. „Weil unsere Herkunft, unsere Lebensumstände und unsere ganz persönlichen Erfahrungen unser Verständnis prägen. So verbindet möglicherweise jemand, der in einer Diktatur lebt, mit dem Titel ,Don’t Let Me Be Misunderstood‘ etwas ganz anderes als jemand, der sich gerade am Strand in Florida frisch verliebt hat“, schreibt Behrendt richtig. Natürlich spielten unter anderem auch mangelnde Sprachkenntnisse eine Rolle.

Zwei wichtige Dekaden ausgespart

Und so gibt es bei Behrendt viel zu lernen. Etwa, dass „Griechischer Wein“ (1974) von Udo Jürgens mehr als ein plattes Sauflied ist und vielmehr von den griechischen Gastarbeitern jener Zeit erzählt. Dass man R.E.M.’s „The One I Love“ besser nicht bei der eigenen Hochzeit spielen sollte, weil es eigentlich ein bitterböses Trennungslied ist. Oder: Warum Adeles „Someone Like You“ eigentlich ein (inhaltlich!) recht gruseliges Lied ist.

Sicher, die eine oder andere Story wird man schon gehört haben, als eingefleischter Fan eines Künstlers sowieso. Dennoch wird das Buch für viele Leser auch so manche Überraschung bereithalten. Einziges Manko: Bei dem Ritt durch die vergangenen Dekaden wurden sowohl die 1950er Jahre (die Geburt des Rock ’n‘ Roll) sowie die 2020er Jahre ausgespart. Da hätte man sicherlich auch noch die eine oder andere Anekdote ausgraben können.

Tipp: Dank eines QR-Codes kann man sich bei der Lektüre des Buchs auch gleich die passende Playlist dazu zu Gemüte führen.

Lesezeichen

Michael Behrendt – Verhört, verkannt, vereinnahmt: 99 1/2 missverstandene Songs. Reclam, 2025. 282 Seiten.

7
Unterhaltsam und lehrreich.
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