Rainhard Fendrich (foto: Johannes Ehn)

Live: Rainhard Fendrich in Mannheim – Nach Falco kommt Fendrich

Seit 45 Jahren steht Rainhard Fendrich nun schon auf der Bühne. Klar, dass die Austro-Pop-Legende diesen Umstand mit einer Jubiläumstour feiert. Die hat den 70-Jährigen am Donnerstagabend auch in den Mannheimer Rosengarten geführt.

Nach Falco kommt schon Fendrich. Und dass die Austro-Pop-Legenden-Hierarchie so ist, wie sie ist, das liegt an „Rock Me Amadeus“. Der Song, der Falco kurz mal eben zum Weltstar machte. Wenn man Rainhard Fendrich Glauben schenken will, dann hatte dieser aber durchaus etwas damit zu tun, dass sein Kollege mit der Nummer 1985 durch die Decke ging. „Ich erinnere mich, wie er mir damals in meinem Haus die ersten Mixe von ,Rock Me Amadeus’ vorspielte. Den Song hat er als ,wunderbar schlecht’ empfunden. Ich meinte: Hans, das ist ein Hit, das musst du machen! Er war gegen seine kommerziellen Produzenten Bolland & Bolland und wollte lieber eine Coverversion seines Dylan-Lieblingsliedes ,It’s All Over Now, Baby Blue’ rausbringen“, erzählte Fendrich mal in einem „Spiegel“-Interview. Gut, dass Hans, also Johann Hölzel, also Falco, auf den guten Rainhard gehört hat.

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Fendrich ist ja auch einer, der weiß, was ein Hit ist. Hat ja genug in seinem Repertoire. Kein „Rock Me Amadeus“, kein Welthit, aber durchaus Chartstürmer, die auch außerhalb der österreichischen Grenzen verfingen. Und doch ist der Mann bescheiden, wenn er seine Evergreens („Macho Macho“, „Es lebe der Sport“, „Midlife Crisis“, …) auf der Bühne im Rosengarten anmoderiert. „Ich weiß nicht, wie man einen Hit schreibt. Ich schreibe nur Songs. Das Publikum macht den Song zum Hit.“

Karl May der Liedermacher

„Strada del Sole“ war sein erster großer. Benannt nach der italienischen Verkehrsachse, die sich von Mailand bis an die Stiefelspitze zog,  1981 ein Sommerhit in Österreich. Was nach Sonne, Sand und Amore klingt, ist eigentlich ein Anti-Urlaubs-Song, dem Fernweh seiner Landsmänner hielt Fendrich seinerzeit ein Lied über Pleiten, Pech und Pannen während eines Trips gen Süden entgegen, der darin gipfelt, dass die Freundin des Protagonisten mit einem potenten Italiener fremdgeht, der Held des Lieds bleibt derweil zurück, ohne Lire, ohne Papiere. Immer noch lustig, Fendrich singt den Song auch immer noch mit Lust. „Ich muss gestehen: Ich war noch nie auf der Strada del Sole“, lacht Fendrich verschmitzt und outet sich damit sozusagen als Karl May der Liedermacher.

Zwar war das Lied der erste größere Erfolg Fendrichs, es sorgte  damals aber dennoch für eine Kontroverse, wie der Sänger ebenfalls dem „Spiegel“ verriet:  „Die Schattenseite war, dass man versuchte, mir mit diesem Lied Ausländerfeindlichkeit anzudichten. Ich erzähle die Geschichte von einem Loser, dem die Freundin davonläuft im Italienurlaub. Das hat nicht ins Gefühl dieser Zeit gepasst.“

Aus heutiger Sicht scheint das absurd, ist Fendrich doch ein Musiker, der immer wieder Haltung zeigt und sich gegen Rassismus engagiert. „Kommen ein Europäer, ein Asiate und ein Afrikaner in eine Bar“, beginnt Fendrich im Rosengarten zu erzählen, und fügt nach einer kleinen Kunstpause an: „Das ist kein Witz, das kann wirklich passieren, wenn man kein Arschloch ist.“

„Man kann seine Heimat lieben, ohne zu hassen“

Zu „I Am From Austria“ hat Fendrich wieder ein entspannteres Verhältnis. Das Lied ist so etwas wie die inoffizielle Nationalhymne Österreichs, wird auch in Fußballstadien gesungen, wurde aber auch von Rechten vereinnahmt. Fendrich wollte den Track daher lange nicht mehr singen, macht es jetzt aber wieder, auch in Mannheim. „Man kann das nicht den Falschen überlassen“, so Fendrich und erklärt: „Man kann seine Heimat lieben, ohne andere zu hassen.“

Mehr als 30 Songs standen am Ende des Abends auf der Setlist, inklusive sechs Zugaben. Eine Lieder-Marathon, wenn man so will, auf jeden Fall eine Energieleistung. „Man sagt ja, 70 ist das neue 50“, sagt Fendrich, um dann schelmisch hinterherzuschieben: „Ob das stimmt, weiß ich nicht. Ich kann aber sagen, 22 Uhr ist das neue Mitternacht“.

Wer so durch den eigenen Katalog reitet, kommt auch an Songs vorbei, die heute etwas schräg erscheinen.  „Frieda“ etwa, ein Song über das erste Date eines Teenagers. Man könnte sich an der einen oder anderen Zeile heute stoßen, Fendrich ist heute obendrein schon 70. Er singt den Song aber  charmant und spürbar mit einem  Augenzwinkern, kombiniert ihn obendrein clever mit „Nie wieder jung sein“ aus seinem jüngsten Album „Wimpernschlag“. Sich zumindest mehr als zwei Stunden wieder jung fühlen zu können, das hat er seinem Publikum am Donnerstag in Mannheim auf jeden Fall ermöglicht.

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