Mit „Wasserbombe“ hat die Herzens-Kölnerin Jenny Thiele gleichermaßen einen glänzend aufgelegten Nineties-Rave-Track modelliert wie auch einen veritablen Sommerhit ins Hier und Jetzt des aktuellen Pops genagelt. Das Stück ist eines der bunten Puzzleteile, die zusammen ihr Solo-Album „Platz“ ergeben, das gerade erschienen ist. Aber es funktioniert auch ganz für sich allein. „Wasserbombe“ feiert das Leben, den Überschwang. In all diesen klammen Zeiten, in denen man manisch alles bei sich behalten soll, die Schäfchen ins Trockene stellen muss, traut sich der Song, die lustvolle Selbstverschwendung zu zelebrieren. Endlich wieder flüssig sein dürfen! Denn wer will schon ernsthaft bloß statisch und verkapselt durch den Sommer gehen? Uns stand die Musikerin nun für unsere My-Soundtrack-Reihe Rede und Antwort. Jenny Thiele: „Meine Songs auf Repeat. Diese Songs haben mich nicht nur inspiriert, sondern süchtig gemacht; süchtig nach ihren Sounds und nach der Welt, in der sie umherschwirren.“
Perel – Myalgia
Ich beginne mit “Myalgia” von Perel’s Debüt-Album “Hermetica“, das mich letztes Jahr komplett aus den Socken gehauen hat. Mit Kopfhörern auf war ich mal wieder bei mir in Köln-Mülheim am Rhein schlendern und dieses Lied hat mich plötzlich an einer Angel Richtung Himmel gezogen – ich flog und meine Beine tanzten weiter. Ich liebe den Drum Sound und den Groove der Synth-Sequence, die sich durch den ganzen Song schiebt. Die Einfachheit und Klarheit dieses Liedes machen mich einfach glücklich und wecken gleichzeitig nostalgische Erinnerungen an Filme aus den 80er oder 90er Jahren, wie die Serie “Twin Peaks” oder die Romanze “Liebe und Eis”.
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“Myalgia” hat mir außerdem den Text zu “Danner In The Blue” geschenkt. Während ich in die Keupstraße einbog, Kopfnickend und verliebt in die Harmonien des Songs, kamen mir plötzlich die Zeilen: „Dancer In The Blue – Oh ich schau Dir zu”. Perel ist eine der spannendsten deutschen Künstlerinnen für mich. Sie hat ihren ganz eigenen elektronischen Sound gefunden, der sich trau,t sehr abstrakt und experimentell zu sein und dich im nächsten Moment sanft in den Nostalgie-Arm nimmt mit seinen 80s-Synth-Wave-Elementen.
Alicia Keys – Gramercy Park
Als ich Teenager war kam Alicia Keys` erstes Album “Songs in A Minor” raus und ich habe mich schon damals gefragt, wie ein Mensch so wunderschön singen und strahlen kann. Zwischendurch bin ich etwas von ihrer Musik weggekommen, war mir alles zu geballert, zu sehr “in your face”, aber mit ihrem 2020er Album “Alicia” hat sie mich wieder eingefangen. „Gramercy Park” lief die letzten Wochen bei mir auf Dauerschleife! Auch hier ist es wieder die Einfachheit des Songs, die meine Brust aufgeknöpft und mein kleines Herz in einen reißenden Strom geworfen hat. Ich konnte mich wirklich ganz in dieses Lied fallen lassen, auch weil ich die Lyrics so nachfühlen konnte.
Als Künstlerin (aber auch als Tochter, Schwester, Freundin, Nachbarin…) finde ich es schwer, sich nicht von den Bedürfnissen anderer einnehmen zu lassen, sondern bei den eigenen Empfindungen zu bleiben. ABER trotzdem auch zugewandt und kompromissbereit zu bleiben – casually perfect halt. Davon erzählt dieses Lied für mich und schenkt mir liebevollen Trost.
Ásgeir – Minning
Vom isländischen Musiker Ásgeir könnte ich ehrlich gesagt jedes Lied nennen. Ich liebe seine Musik einfach. Diese Musik versteht mich, sie sagt: alles ist ok! Und das auf musikalisch so raffinierte Art und Weise. Es wird nie langweilig in seinen Arrangements, in seinen Sounds und am allerliebsten mag ich es, wenn er auf Isländisch singt. Seine Stimme ist immer zauberhaft, aber auf Isländisch bekommt das Ganze einen Klang, der für mich nicht von dieser Welt zu kommen scheint – das mag ich sehr! “Minning” ist auch so ein Dauerschleifen-Ich-Muss-mich-jetzt-ganz-intensiv-fühlen-Song :) 2013 war ich in Island unterwegs, weil ich diese Zauberwelt kennenlernen wollte und da war sein erstes Album gerade The Shit auf der Insel. Auf CD hab ich das Album nach Deutschland importiert und kurz danach ist er weltberühmt geworden. Zurecht, wie ich finde!
Faithless – Insomnia
All time classic, der im Radio lief, als ich Kind war. In den letzten Jahren, in denen ich mich mehr und mehr mit elektronischer Musik beschäftigt habe, habe ich den Song wieder entdeckt und jetzt erst so richtig gerafft, wie gut der eigentlich ist (POV ;) ) Die Synthesizer-Hook-Lines, die da drin stecken, sind so ikonisch: Der Akkord-Wechel von Dur zu Moll in den Strophen, dieser “Lot”-artige Sound kombiniert mit “Whoo!” in den Instrumentals und dann natürlich das epische Synth-Thema. OMG! Auch diese Musik hat etwas ganz einfaches, direktes, was mich und tausende von Menschen mitreißt. Großartig! Maxi Jazz‘ Stimme und Bühnenpräsenz ist natürlich das Sahnehäubchen auf diesem Schiff. Mega, wunderschön!
Björk – Hyperballad
Ach, Björk. Ich erinnere mich noch, dass ich das allererste Mal ihre Stimme gehört habe, als ich so 12 oder 13 Jahre alt war, da mein Vater eine gebrannte CD im Auto hatte, auf der “Björk” drauf stand. Ich konnte ihre Stimme, diese Musik und den Namen überhaupt nicht greifen, das hatte so was völlig Außerirdisches für mich – im positiven Sinne! Anfang meiner Zwanziger hat mich ihre Soundwelt, ihre künstlerische Haltung und Radikalität dann komplett eingenommen; ich war wirklich voll auf dem Björk-Trip.
Auf meinem ersten Solo-Album “Haus” habe ich ihren Song “Hyperballad” als “Unterwegs“ in einer deutschsprachigen Version aufgenommen und mein Gesang war clearly von ihr beeinflusst. Heute glaube ich, dass es der Wegbereiter zu meiner eigenen Stimme war, ihre Stimme und ihren kindlichen Gesangs-Spirit zu imitieren. Auch von Björk könnte ich unzählige Songs aufzählen, die auf meiner ewigen Repeat-Liste stehen: “Venus as a boy”, “Cocoon”, “It’s not up to you”, “Army of me”, um nur ein paar zu nennen. Björk’s Musik bedeutet für mich Freiheit!
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