The Rolling Stones (foto: fiege)

Live: The Rolling Stones in Stuttgart

„Ladies and Gentlemen …“: Bei ihren Konzerten werden die Rolling Stones gerne Mal als die beste Rock-n-Roll-Band der Welt angekündigt. Dass sie auf jeden Fall die beste Live-Band aller Zeiten sind, haben Mick Jagger und seine Kollegen am Samstag in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

„Stuttgart! Wir spielen nun schon zum dritten Mal in dieser Location – und sie heißt jedes Mal anders. Nur die Songs sind immer dieselben.“ Am Ende bringt es Mick Jagger am besten auf den Punkt. Nicht, weil in den Worten des Rolling-Stones-Frontmanns Kritik an dieser Unart zu spüren ist, Stadionnamen zu vermarkten. Nein, vielmehr umschreibt der Mann in wenigen Sätzen treffend das Konzept der ewig tourenden Rock-Giganten. Die Briten sind ein fahrender Nostalgie-Zirkus.

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Keine Frage: Die 1962 gegründeten Rolling Stones haben die Rock-Musik und unsere Vorstellungen, wie eine Rock-Band auszusehen hat, in den ersten 20 Jahren ihres Bestehens überhaupt erst definiert. Spätestens seit den achtziger Jahren ist die Gruppe aber eher auf Verwaltung ihres beeindruckenden musikalischen Erbes aus. Die Band hat sich in dieser Zeit zu einer gigantischen Tour- und Merchandising-Maschine entwickelt, die unaufhörlich rollt und rollt und rollt. Neue Alben, die immer spärlicher wurden, dienen seither zumeist dazu, eine erneute Welttournee zu rechtfertigen, bei der dann aber meist eh die alten Sachen gespielt werden. Und das Band-Logo, die von Designer John Pasche entworfene ausgestreckte Zunge, seinerzeit ein freches Symbol des Protests und der Rebellion, prangt mittlerweile auch auf Discounter-T-Shirts.

Aber: Egal, wo die Jungs auch spielen, die Hütte ist verlässlich voll. War sie auch in Stuttgart. Auch wenn der lokalen Presse zu entnehmen war, dass sich der Veranstalter im Vorfeld etwas Sorgen machte. Immerhin hatten es die Preise in sich, das teuerste Ticket kostete an diesem Abend mehr als 800 Euro, das günstigste war an der Abendkasse für knapp 100 zu haben. Rund 43.000 Besucher ließen sich nicht lumpen, immerhin war der Gig eines von nur zwei Deutschland-Konzerten der Stones 2018.

Bei ihnen weiß man aber wenigstens, was man für sein Geld bekommt. Anders als bei Kollegen muss man sich da keine Sorgen machen, wie denn jetzt der Sound wohl sein mag und ob der Sänger heute in Form ist oder nicht. Die Stones erscheinen (wenn ein Bandmitglied gerade nicht irgendwo auf der Welt von der Palme fällt). Und wenn sie erscheinen, dann liefern sie. Immer. Auch mit über 70 Jahren.

Das war auch in Stuttgart so. Nachdem die Kooks dem Publikum einheizten, ließen es die Stones krachen. Mick Jagger wirbelte über die Bühne, zuckte, verrenkte sich, traf dabei aber jeden Ton. Seine Stimme schien nichts von ihrer Kraft verloren zu haben. Charlie Watts, Keith Richards und Ronnie Wood zeigten sich ebenfalls in bestechender Form, sie gingen nicht nur unheimlich routiniert zu Werke, sondern auch mit jeder Menge Spielfreude.

Wer an diesem Abend auf Balladen wie „Angie“ oder „Wild Horses“ gehofft hatte, wurde enttäuscht. Alle anderen dürfte gefreut haben, dass Jagger, Richards und Konsorten über 19 Tracks hinweg Vollgas gaben. Stark: die epische Version von „Midnight Rambler“, das motivierende „You Can’t Always Get What You Want“ und „Sympathy For The Devil“, bei dem kurz mal eben die Tore zur Hölle aufgingen. Auch Keith Richards durfte zwischendurch mal als Sänger ans Mikro.

Als Zugabe dann „Gimme Shelter“ und, klar, „(I Can’t Get No) Satisfaction“. Die Mercedes-Benz-Arena hatte sich da schon längst in ein Meer der Euphorie verwandelt.

Übrigens: Die Witze darüber, dass die Stones seit Jahrzehnten eine Abschiedstour an die nächste reihen, können dann auch mal aufhören. So etwas wie eine Abschiedstour wird es bei Jagger & Co. nicht geben. Auf die Frage des deutschen „Rolling Stone“-Magazins, was passieren müsste, damit die Stones in ihre letzte Runde gehen, antwortete Keith Richards jüngst: „Einer müsste den Löffel abgeben.“ Dieser Tag scheint noch lange nicht in Sicht. Eine kürzlich veröffentlichte Studie will herausgefunden haben, dass regelmäßige Konzertbesuche das Leben verlängern. Um mindestens neun Jahre. Die Stones haben seit 1962 Tausende Shows gespielt. Also: Rechnen Sie sich das mal aus! Wahrscheinlich werden noch die Kinder unserer Kindeskinder zu den Stones gehen. Die Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart wird dann wohl einen anderen Namen tragen, aber: Die Songs werden dieselben sein.

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