Y'akoto (foto: warner/bob pixel)

Y’akoto: Das nächste große Ding?

Im August veröffentlich Y’akoto ihr zweites Studio-Album. „Moody Blues“ heißt das neue Werk, das wir an dieser Stelle auch besprechen werden. Um die Vorfreude etwas zu steigern, hat NG-Redakteur Benjamin Fiege in seinem persönlichen Archiv gekramt und einen Artikel aus dem Jahr 2012 gefunden: Damals traf er Y’akoto im Rahmen des New Pop Festivals in Baden-Baden – und war schwer begeistert.

Amy Winehouse, Erykah Badu, Nina Simone – die Kritiker schlagen fast Purzelbäume vor Begeisterung, wenn es darum geht, Vergleiche für Y’akoto zu finden. Ist die Hamburger Sängerin mit den afrikanischen Wurzeln das nächste große Ding des Soul? Eine Annäherung.

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Es ist ein medialer Reflex, fast schon ein Naturgesetz, ohne Unterlass nach dem „Next Big Thing” zu suchen – dem nächsten großen Ding. Früher wurde jeder gut aussehende Schauspieler direkt als neuer James Dean gehandelt. Und heute muss sich jede vielversprechende Soul-Sängerin mit Amy Winehouse vergleichen lassen. Wer einen Artikel über die Hamburger Newcomerin Y’akoto liest, der findet mit Sicherheit dort auch die Namen Winehouse, Erykah Badu oder Nina Simone. Es sind illustre Vergleiche, die vom deutschen Feuilleton gezogen werden, keine Frage. Y’akoto, das nächste große Ding?

„Ich will, dass sie mich im letzten Kaff da hinten hören – egal, in welcher Richtung hinten, ob Asien oder Amerika. Das will ich”, sagte Y’akoto kürzlich in einem n-tv-Interview. Ganz so weit ist der Name der Hamburgerin freilich noch nicht gedrungen, trotz des hehren Anspruchs. Aber in Deutschland und Frankreich hat sie sich immerhin bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad ersungen. Noch kein Gipfelsturm, noch kein Grund zum Abheben, aber eine Entwicklung, die hoffen lässt.

Im persönlichen Gespräch gibt sich Y’akoto dementsprechend bodenständig und entspannt, keine Spur von Star-Allüren. Unaufgeregt sitzt die Hamburgerin in einem Café in Baden-Baden, dem Rentnerparadies, und redet. In der Nacht wird die 24-Jährige im Theater der Kurstadt ein Konzert geben, doch jetzt sind erst mal Pressetermine angesagt, ein regelrechter Medien-Marathon. Knapp sieben Stunden wurde Y’akoto von Kamera zu Kamera gereicht und sprach geduldig in jedes Mikrofon, das man ihr unter die Nase hielt. Wie viele Interviews es waren? „Ich habe irgendwann gar nicht mehr gezählt”, sagt sie lachend.

Die große Aufmerksamkeit, das öffentliche Interesse an ihrer Person, ist eines der Dinge, die sich in den vergangenen Monaten im Leben der Jennifer Yaa Akoto Kieck verändert haben. Vor allem, seit Ende März ihr Debüt-Album bei Warner Music erschienen ist. Von Kritikern wurde die Scheibe mit Lob überschüttet. „Babyblues” ist eine Sammlung geschichtenerzählender Soul-Songs mit Afro-Folk-Einschlag, von Y’akoto selbst geschrieben und komponiert. Zusammengearbeitet hat sie dabei mit Top-Produzenten wie Max Herre.

Was das Album – neben der herausragenden Stimme Y’akotos – so besonders macht, sind die Themen, die die Sängerin sich anzupacken traut. In „Tamba” etwa erzählt Y’akoto vom Schicksal eines afrikanischen Kindersoldaten. Kein leicht verdaulicher Stoff. Dachte sich wohl auch die Plattenfirma, weshalb sie sich zunächst gegen eine Single-Auskopplung sperrte. Doch Y’akoto setzte sich mit afro-hanseatischer Sturheit durch, und „Tamba” erschien vor der Album-Veröffentlichung als EP. „Natürlich ist das kein Stück, das einem beim Zuhören ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Aber es bringt einen zum Nachdenken”, sagt Y’akoto.

Durchsetzungskraft und Zähigkeit sind vielleicht Eigenschaften, die man braucht, wenn man wie Y’akoto zwischen den Welten wandelt. Als Tochter eines ghanaischen Musikers und einer Deutschen in Hamburg geboren, aufgewachsen vor allem in Ghana, mit Zwischenstopps in Kamerun, Togo und dem Tschad. „Die vielen Umzüge, das viele Umherreisen – das alles hat mich stark geprägt”, sagt Y’akoto. Als Kind musste sie mit ansehen, wie auf offener Straße ein Mann Opfer eines Lynchmobs wurde. „Vielleicht hat mir das eine gewisse Demut verliehen und ein Bewusstsein dafür, dass alles endlich ist.”

Endlichkeit, Vergänglichkeit – das sind zentrale Themen in Y’akotos Schaffen. Dabei kann es sich um Kindersoldaten drehen oder um das Verlassenwerden, das Ende einer Liebe. Dinge, die die Menschen überall beschäftigen, sei es in Afrika, Europa oder sonstwo. „Ich bin keine politische Künstlerin”, stellt Y’akoto dann auch klar, sich dagegen wehrend, in eine Schublade gesteckt zu werden.

Einengen lässt sie sich nicht. Y’akoto pendelt zwischen Hamburg, der togolesischen Hauptstadt Lomé und Paris. Nicht um mondän zu wirken, sondern aus purer Notwendigkeit, wie sie sagt. „In Hamburg ist mein Label, in Paris meine Band. Wenn es hier kalt wird, zieht es mich nach Afrika”, meint sie.

UPDATE: Y’akoto ist in diesem Sommer für zwei Festivals gebucht. Da kann man sich davon überzeugen, ob sie The Next Big Thing ist.

REPRINT: Der Artikel erschien im Original im Jahr 2012.

Text: Benjamin Fiege

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