Nosie Katzmann (foto: Patrick Liste)

Nosie Katzmann: „Streaming ist der Tod eines jeden Musikers“

Nosie Katzmann, der Dance-Papst der neunziger Jahre, hat sich mittlerweile im pfälzischen Battenberg niedergelassen. Heute, 18 Uhr, tritt er ebenda beim Hoffest der Familie Schraut auf. Mit Benjamin Fiege sprach der Musiker und Produzent über seine Liebe zur Pfalz, die schrillen Neunziger, den vermeintlichen Trash-Faktor von Eurodance und die heutige Musik-Landschaft.

 

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Herr Katzmann, derzeit erleben wir eine kleine 90er-Comeback-Welle. Wann dürfen wir also mit der Rückkehr von Culture Beat und Captain Hollywood auf die ganz große Bühne rechnen?

(lacht) Das wird wohl nicht passieren. Eher darf man mit einem neuen Album der Anonyme Giddarischde rechnen, das ich produzieren werde. Da gibt es aber noch keinen Termin für.

 

Der Dance-Papst macht jetzt Pfalz-Musik?

Ich habe ja schon mal mit den Giddarischde gearbeitet. Die Pfalz hat es mir einfach angetan, ich bin ja auch mittlerweile nach Battenberg gezogen. Und die Musik hat einfach etwas. Da ist dieser Country- und Americana-Einschlag, verbunden mit Pfälzer Texten. Eine spannende Mischung, die mir sehr gut gefällt.

 

Sie waren ja als Produzent in den 90ern unheimlich erfolgreich, hatten teilweise bis zu zwölf Hits gleichzeitig weltweit in den Charts. Im Radio liefen die Songs pausenlos, es gab Festivals, die zu einem großen Teil mit ihren Acts bestritten wurden. Wie haben Sie das alles auf die Reihe bekommen? Gab’s da keinen Neid zwischen ihren Acts?

Das war natürlich viel Arbeit, aber ich habe das ja auch nie alleine gemacht, sondern hatte immer meine Kompetenz-Teams um mich herum. Neid ist für mich nie ein Thema unter Musiker-Kollegen gewesen. Und ich habe darauf geachtet, dass es bei den Acts auch genauso war.

 

Sie haben knapp 20 Jahre vor allem Songs für andere Künstler geschrieben. Fiel es Ihnen da manchmal schwer, sich von einem Lied zu trennen und es einem anderen zu überlassen?

Nein, mir ist das nie schwer gefallen, weil ich mich immer als Songschreiber begriffen habe. Das Loslassen war da nie ein Problem für mich. Im Gegenteil, man fühlt sich ja vielmehr geehrt und auch stolz, wenn jemand den eigenen Song auswählt, um ihn aufzunehmen. Man freut sich dann, dass das passt.

 

Gibt es einen Song, auf den sie heute besonders stolz sind? Vielleicht auch einen, den sie im Nachhinein lieber nicht geschrieben hätten?

Als Songwriter ist man natürlich auf alle Lieder, die man zu Ende gebracht hat, stolz. Aber natürlich ragt „Mr. Vain“, das für Culture Beat zum weltweiten Hit wurde, dann doch nochmal heraus.

 

Wurden Sie selbst mal vom Erfolg einer Nummer überrascht?

Tatsächlich war das bei „More and More“ (Captain Hollywood Project, 1992) der Fall. Ich erinnere mich noch, wie ich bei den Aufnahmen wütend aus dem Studio gestürmt bin und dabei gerufen habe, dass das Ding so nie im Leben ein Hit werden würde. Ein paar Wochen später stand das Ding dann plötzlich auf Platz eins der deutschen Charts. Da habe ich mich dann gern getäuscht.

 

Die neunziger Jahre waren ja das letzte Jahrzehnt, in dem der Rubel in Sachen Tonträger noch ungebremst gerollt ist. Haben Sie da Mitleid mit der nachfolgenden Generation? Oder finden sie die Chancen für Musiker, die das Netz heute bietet, eher spannend?

Ja, damals konnte man sehr gut davon leben. Wobei eine gute Chart-Platzierung nicht immer ein Gradmesser dafür war, wie gut sich eine Single tatsächlich verkauft hat. „Der Erdbeermund“, Culture Beats Debüt-Single, schaffte es in die Top Ten der deutschen Charts, verkaufte sich aber für diese Chart-Position vergleichsweise schwach. Aber klar, heute muss man als Musiker breit aufgestellt sein, sein Geld auch über Live-Auftritte reinholen. Streaming ist sowieso der Tod eines jeden Musikers. Für 150.000 Streams eines Songs kann ich einen Burger essen gehen. Für 150.000 Downloads oder verkaufte Tonträger kann ich meine Freunde hingegen ins Kempinski-Hotel einladen und dort schick speisen.

 

In dem heutigen Musikmarkt nochmal jung sein wäre also nichts für Sie?

Doch, das Netz bietet ja auch durchaus gute Möglichkeiten, sich eine gewisse Bekanntheit zu erspielen. Ich würde mir durchaus zutrauen, auch in diesem Kontext meine Musik vielen Menschen zugänglich zu machen. Und meistens ist es doch so: Sobald eine neue Technologie Einzug hält, wird der Untergang des Abendlandes befürchtet und am Ende verdienen doch alle mehr Geld als vorher.

 

Trotz ihres kommerziellen Erfolgs haben sie ja irgendwann selbst auf die Bremse getreten. Warum?

Es waren damals schon sehr stressige Jahre. Ich hatte mich buchstäblich abgearbeitet. Irgendwann hat man das dann auch körperlich gespürt, dass es nun an der Zeit wäre, mal etwas langsamer zu machen. Ich habe meine Verträge auslaufen lassen, ein paar Jahre dann auch mal gar nichts mehr gemacht, ehe mich die Lust an der Musik dann wieder gepackt hat. Ich wollte dann irgendwann wieder spielen, und zwar einfach das, was mir Spaß macht, ohne das Geld im Hinterkopf zu haben.

 

Während die Musik der achtziger Jahre recht gut gealtert zu sein scheint, haftet der Club-Musik der Neunziger retrospektiv irgendwie etwas Trashiges an. Zu Unrecht?

Ja, ich finde schon zu Unrecht. Aber das ist ja immer so in der Musikbranche. Alles kommt in Wellen wieder. Irgendwann wird die junge Generation auch diese Phase wieder für sich entdecken. Wenn ich heute in Clubs gehe, sehe ich auch schon Leute, die wieder gern zu Haddaway tanzen. Und am Ende ist es doch auch so: Jeder soll das hören, was ihm gefällt und es ansonsten einfach sein lassen. Ob das nun Eurodance, Schlager oder Chanson ist. Alles hat seine Berechtigung.

 

Werden die Zuhörer in Battenberg denn auch ein paar ältere Nummern zu hören bekommen? Was können sie erwarten?

Ja, ich werde ältere Sachen spielen, aber auch neuere. Meistens habe ich Stücke von all meinen Alben mit im Programm. Ich bereite aber keine feste Setlist vor, sondern entscheide auch immer spontan und je nach Publikum, was ich an einem Abend spiele. Diese Flexibilität macht mir unheimlich viel Spaß.

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