Nirvana - In Utero (30th Anniversary Edition) (foto: universal music)

Nirvana – In Utero: 30th Anniversary

Erscheinungsdatum
Oktober 27, 2023
Label
Universal Music
Unsere Wertung
8

Sie hätten es sich nach „Nevermind“ ganz einfach machen können. Doch statt zu versuchen, das Überalbum zu kopieren, schoben Nirvana ein sperriges Album nach: „In Utero“. Zum 30. Wiegenfest der Platte gibt es nun eine Anniversary Edition.

Der Erfolg des bahnbrechenden Albums „Nevermind“ (1991) war Nirvana-Mastermind Kurt Cobain immer unheimlich. Und auch unangenehm. Denn irgendwie war er ja nie zufrieden gewesen mit dem Sound dieses Klassikers, der ihm viel zu sehr auf Hochglanz getrimmt war. Der Nachfolger sollte also ganz anders werden. Roher. Sperriger. Ehrlicher. Butch Vig, der „Nevermind“ produziert hatte, wurde gegen Steve Albini ausgetauscht. Er sollte der Band aus Aberdeen, Washington, helfen, zu ihren punkigeren Wurzeln zurückzufinden. Cobain vertraute ihm, hatte er doch zwei von Kurts Lieblingsalben produziert: „Surfer Rosa“ von den Pixies (1988) und „Pod“ (1990) von The Breeders. Gemeinsam wollte man also alle Erwartungen enttäuschen, die sich mit „Nevermind“ aufgebaut hatten.

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Die Aufnahmen zu „In Utero“ fanden im Februar 1993 im Pachyderm Studio in Cannon Falls, Minnesota statt. Man kapselte sich ab. Niemand außer der Band, Albini und dem Techniker Bob Weston bekam Arbeitsfortschritte zu hören. So entstand ein Album ohne äußere Einflussnahme. Dass das dem Label nicht passte, war klar. Dieses war mit dem Sound überhaupt nicht zufrieden, hätte sich eher ein zweites „Nevermind“ gewünscht. Zwar gab die Band öffentlich zu Protokoll, dass Geffen keine Überarbeitung gefordert habe, dennoch wurde an ein paar Tracks nachträglich mit dem Produzenten Scott Litt noch herausgeschraubt: „Heart Shaped Box“ und „All Apologies“. Sehr zum Missfallen von Steve Albini. Auch am ursprünglich geplanten Albumtitel „I Hate Myself And I Want To Die“ hielt man nicht fest. Stattdessen entschied sich die Band für „In Utero“.

Schock und Begeisterung

Veröffentlicht wurde das Album schließlich am 21. September 1993. Fans und Kritiker waren zunächst gleichermaßen schockiert und begeistert vom schonungslos ehrlichen Sound dieses Albums. So verletzlich, so ungefiltert, so kompromisslos und ungeschönt kamen Kurt Cobain, Krist Novoselic und Dave Grohl daher. Symbolisch: das Husten Kurt Cobains im post-punkigen „Serve The Servants“ – die ungezügelte Feier des Unperfekten.

„Scentless Apprentice“, von Süskinds „Das Parfüm“ inspiriert, ist einer der härtesten Songs, die Nirvana je aufgenommen haben. Auch „Frances Farmer Will Have Revenge On Seattle“ bedient sich in der Literatur, genauer: bei William Arnolds „Shadowland“, einem biografischen Roman über das Leben der Schauspielerin Frances Farmer.

„Unplugged“ als Booster

Besonders stark: das düstere, einigermaßen melodische „Heart Shaped Box“, ein Liebeslied, das einerseits aber auch das Thema Krebs verhandelt. Umstritten: das Anti-Vergewaltigungslied „Rape Me“, das aber von vielen auch als Kommentar zum Thema Ruhm gelesen wird. Ob des Titels wurde der Band verboten, den Song – der auch „Smells Like Teen Spirit“ neckt – bei den MTV Music Awards 1992 zu spielen. Sie stimmte ihn etwas bockig aber zumindest an … Der Song ginge wohl heute nicht mehr so durch. Stichwort MTV: „Pennyroyal Tea“, „Dumb“ und „All Apologies“ wurden erst durch den Auftritt der Band bei „Unplugged“ zu Ikonen, in der Setlist des Albums selbst gingen sie seinerzeit irgendwie fast unter.

„In Utero“ sollte die letzte Platte der Band werden, Kurt Cobain starb 1994. Sie ist gewissermaßen sein Testament, fängt die rohe Essenz dieses konfliktbehafteten Trios ein, das unerwartet zur Speerspitze einer neuen popkulturellen Bewegung avanciert war. Nirvana selbst hätten davor nicht mal im Traum damit gerechnet – und mussten dementsprechend viele Kämpfe erst mal annehmen und gewinnen, um überhaupt in der Lage zu sein, diesen Meilenstein aufnehmen zu können.

Umfangreiche Geburtstagseditionen

Kurt Cobain hätte die Vermarktung des von dem Label so ungeliebten Albums wohl amüsiert: Das 30. Jubiläum von „In Utero“ zelebriert Geffen/UMe nämlich nun mit einer ganzen Reihe von massiv erweiterten Deluxe-Neuauflagen. Zu den Konfigurationen zählen unter anderem ein limitiertes 8LP Super Deluxe Boxset, ein 5CD Super Deluxe Boxset, eine um eine Bonus-10“ erweiterte LP-Edition, eine 2CD Deluxe Edition sowie die digitale Super Deluxe Edition.

Die drei Super Deluxe Editionen des Albums vereinen jeweils insgesamt 72 Titel – darunter 53 bislang unveröffentlichte Tracks. Zum exklusiven Bonusmaterial zählen dabei auch zwei ungekürzte Livemitschnitte aus der „In Utero“-Ära: „Live In Los Angeles“ (1993) sowie „Live In Seattle“ (1994), eine Aufzeichnung des letzten Konzerts, das sie jemals in der Grunge-Metropole Seattle spielen sollten. Außerdem umfassen die Editionen sechs weitere Live-Bonustracks, die in Rom, Springfield und New York City aufgenommen wurden. Der aus Seattle stammende Produzent und Tontechniker Jack Endino, der schon 1988 beim Debütalbum „Bleach“ hinter den Reglern saß, hat sämtliche Live-Aufnahmen aus den damals entstandenen Stereo-Tapes rekonstruiert.

Dazu wurden auch die zwölf Originaltracks von „In Utero“ (sowie fünf Bonustracks und B-Seiten) neu gemastert. Verantwortlich: Bob Weston von Chicago Mastering Services. Keine zufällige Wahl, schließlich hatte Weston als Toningenieur (und einziger Assistent an der Seite von Albini) bereits an der Entstehung der Original-Mastertapes mitgewirkt.

Neben einer abnehmbaren Coverplatte aus Acryl – mit dem ikonischen Engels-Coverdesign –, kommen die physischen Super Deluxe Edition-Boxsets mit vielen weiteren Specials daher: unter anderem einem 48-seitigen Hardcover-Buch mit unveröffentlichten Fotos, einem ganz neuen 20-seitigen Fanzine, einem Lithografie-Druck des Tourposters aus Long Angeles (designt von Hot Rod-Artist Coop) und einer exklusiven Neuauflage jenes Mobiles im Coverdesign (Engel), das im Jahr 1993 als Promo-Tool in den einschlägigen Plattenläden hing. Darüber hinaus sind auch noch drei Konzertflyer, zwei dazugehörige Ticketabrisse (L.A. &  Seattle), ein laminierter All-Access-Tourpass sowie vier Backstage-Pässe (aus Stoff, selbstklebend) Teil des Bonuspakets (Presse, Foto, After Show, Local Crew).

Anspieltipps
All Apologies
Heart Shaped Box
Dumb
Pennyroyal Tea
Scentless Apprentice
8
Meilenstein der 1990er Jahre.
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