Bernhard Hoecker (foto: tobias zimmermann)

Live: Bernhard Hoëcker in Eisenberg

Bernhard Hoëcker  ist ein bekennender Besserwisser. Ein leidenschaftlicher Klugscheißer. In seinem fünften Programm „So liegen sie richtig falsch“, mit dem er im Theatersaal des Evangelischen Gemeindehauses in Eisenberg gastierte, erhob er diese Eigenschaften sogar zur Kunstform.

Blitzgescheit widmete sich Hoëcker dem vermeintlich Banalen. Ja, zugegeben, ein bisschen oberlehrerhaft wirkte es manchmal schon, wenn der Gute vom Publikum wissen wollte, warum Giraffen denn nun lange Hälse haben oder was der eigentliche Wortsinn des Begriffs Public Viewing ist. Im Großen und Ganzen, das muss man dem großen kleinen Mann der deutschen Comedy lassen, war es aber schon sehr lustig, wenn der Komiker mit seinen cleveren Analysen eingefahrene Vorurteile zerstörte, menschliche Denkmuster hinterfragte, Denglisch-Absurditäten anprangerte und interkulturelle Kommunikationsfallen („Welche Handzeichen sollte man im Ausland besser nicht benutzen?“) offenlegte.

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Allerdings: Auch ein Klugscheißer kann nicht alles wissen. Was es denn nun mit Eisenberg und den Römern auf sich habe, wollte Hoëcker  wissen, nachdem er von einem Zuschauer den Tipp bekommen hatte, sich in Eisenberg doch mal den Vicus anzuschauen. Und so ließ sich Hoëcker  von seinem Techniker kurzerhand den – recht kurzen – Wikipedia-Eintrag zur Eisenberger Geschichte auf die Leinwand projizieren. „Im Mittelalter wurdet ihr mal irgendwo erwähnt – und dann ist 700 Jahre lang nichts mehr passiert“, stellte er bei dieser Gelegenheit fast schon etwas bestürzt fest. Die Provinzialität des Spielorts muss für ihn auch dadurch unterstrichen worden sein, dass auf seine Frage hin, wer denn im Publikum über einen Internetanschluss verfüge, kaum eine Hand im Saal hochging.

Es sind gerade diese Momente der Interaktion mit dem Publikum, auch die gescheiterten, in denen Hoëcker  an diesem Abend am stärksten ist. Künstler bekommen ja normalerweise gerne mal Stresspusteln und Wutspeichel im Mundwinkel, wenn ihr Publikum während der Show die Handys nicht ausschaltet. Das ständige Gebimmel, Getippe und Abgelenktsein bringt den einen oder anderen Bühnenprofi da schon mal zur Weißglut. Nicht so Bernhard Hoëcker.  Der Comedian machte aus der Not eine Tugend – und baute die Dinger einfach in sein Programm mit ein. So forderte er seine Zuschauer gleich zu Beginn der Show auf, per Smartphone an Umfragen teilzunehmen, die er auf einer eigens eingerichteten Seite vorbereitet hatte, und deren Resultate er in seine Vorstellung dann einfließen ließ. Das Publikum wurde so zum ständigen Pointen-Lieferanten. Eine ebenso pfiffige wie innovative Idee.

So erfuhr der geneigte Zuschauer dadurch etwa, dass der Großteil der Eisenberger auf öffentlichen Toiletten normalerweise die letzte Kabine wählt. Weil: Macht ja sonst keiner. Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass diese Strategie offenbar nicht aufgeht, weil eben alle so denken, bildeten sich in der Pause dann auch gefühlt längere Schlangen vor den WCs als üblicherweise.

Der Abend offenbarte gerade in dieser ständigen Interaktion das große Improvisationstalent Hoëcker   das dem einen oder anderen, der den Komiker eher aus Formaten wie der Parodie-TV-Show „Switch“ oder dem Rate-Format „Genial daneben“ kennt, vielleicht bislang verborgen geblieben war. Der Mann kann seine Gags auch aus der Hüfte abfeuern. Es war schon bemerkenswert, wie Hoëcker viele Running Gags des Abends am Ende der Show in einem Lied zusammenfasste. Großes Kino.

Am Ende war es eine souveräne Vorstellung des Mittvierzigers, der mit diesem Auftritt in Eisenberg ja sozusagen auch ein Heimspiel hatte. Hoëcker  ist Pfälzer, wurde in Neustadt an der Weinstraße geboren, und hat in ganz jungen Jahren auch mal in Ludwigshafen gewohnt. Später hat es ihn dann nach Bonn verschlagen, wo er schließlich Volkswirtschaftslehre studierte. Wobei der Besserwisser zugab: „Ich habe mein Studium nach dem Vordiplom abgebrochen. Heute würde man Bachelor dazu sagen.“

Gut denkbar, dass Hoëcker  am Ende mit Applaus auch von den Eisenberger Stadtoberen verabschiedet wurde. „Das erlebe ich auf dieser Tour ganz oft. Der Ortsvorsteher, Bürgermeister oder Landvogt, in euerm Fall ist es vielleicht ein römischer Konsul, kommen nach der Show immer noch zu mir, und bitten mich noch eine Weile in dem Ort zu bleiben. Auch um den Genpool aufzufrischen.“

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